Titel, Träume und Skandale von 2010 bis 2019 Das Sport-Jahrzehnt – darüber wird man noch lange reden
Nicht nur das Jahr geht zu Ende – sondern ein ganzes Jahrzehnt. Auch unsere Sportredaktion blickt zurück – auf Ereignisse, über die man auch in Zukunft noch reden wird.
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Ein prägender Moment des Sport-Jahrzehnts: Bastian Schweinsteiger (re.) tröstet Dante nach dem 7:1 der deutschen Fußballer bei der WM gegen Gastgeber Brasilien.
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Das Marathon-Match: Ein Rekord für die Ewigkeit – mit solch einer Einschätzung muss man ja vorsichtig sein. Man weiß ja nie, was noch kommt. Aber ein Tennismatch, das elf Stunden und fünf Minuten lang dauert? Kaum vorstellbar, dass es das noch einmal gibt. Es war schließlich auch nicht vorstellbar, dass es das überhaupt geben könnte. Aber John Isner aus den USA und der Franzose Nicolas Mahut bewiesen das Gegenteil – und sorgten dafür, dass man das vergangene Tennisjahrzehnt nicht nur mit den sich stets duellierenden Heroen Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic in Verbindung bringt. Sondern eben auch mit dem 22., 23. und 24. Juni 2010. Über diese drei Tage zog sich das Match auf dem Rasen von Wimbledon, am Ende siegte Isner 6:4, 3:6, 6:7, 7:6 und 70:68. Beide hatten jeweils über 100 Asse geschlagen. „Ich weiß nicht mehr, ob ich geweint oder gelacht habe“, sagte Roger Federer, „es war zu viel für mich.“
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Der WM-Titel 2014: „Mach iiiihn“, schrie Tom Bartels, der TV-Reporter im Juli 2014. Und gleich danach: „Er macht iiiihn.“ Er – das war Mario Götze, der eingewechselte Tor-Held, der das deutsche Fußball-Nationalteam zum vieren WM-Titel schoss. Unvergessen wird dieser Abend von Rio de Janeiro für Generationen von Fußballfans bleiben – und er hat eine Vorgeschichte, die noch präsenter bleiben wird: das Halbfinale gegen Brasilien. 7:1. In Worten: sieben zu eins. Und die Gewissheit, dass es ein solches Ergebnis in einem WM-Halbfinale wohl nie wieder geben wird. Mindestens genauso einprägsam: wie das deutsche Team mit diesem Triumph umgegangen ist. Nicht arrogant und überschwänglich, sondern Trost spendend und mitfühlend mit den geschockten Gastgebern.
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Der Doping-Skandal: Sportler, die bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi am Start waren, lobten: Wenig Flair zwar, dafür top organisiert. Wie gut die Russen organisieren, zeigte sich Jahre später – als aufgedeckt worden war, dass die Gastgeber sogar Dopingproben russischer Sünder haben verschwinden lassen können. Der Skandal weitete sich aus, staatliche Stellen waren involviert, bei weitem nicht nur Wintersportler betroffen. Dank investigativer Reporter und Whistleblowern wurde das ganze Ausmaß des Skandals publik. Und das hatte Folgen. Bei den Spielen in Pyeongchang etwa durften russische Sportler nur dann unter neutraler Flagge starten, wenn sie ihre Nicht-Beteiligung am Staatsdoping glaubhaft nachweisen konnten. Weil Einsicht in diesem Fall keine Tugend ist, gab es weitere Verstöße, Enthüllungen – und jüngst die nächste Sperre über vier Jahre. Das klingt konsequent – aber genau das waren die maßgebenden Verbände und Organisationen lange nicht. Übrigens: Allein mit dem Finger nach Russland zu zeigen, wäre auch nicht fair. Im vergangenen Jahr flog in Erfurt ein privates Dopingsystem auf.
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Der große Dirk Nowitzki: Als er im vergangenen Jahr Abschied nahm vom Parkett, das so lange seine Welt war, kamen einige der Größten, die der Basketballsport je hervorgebracht hat. Und Dirk Nowitzki stellte sich nicht prollig in eine Reihe mit ihnen, sondern konnte es kaum glauben, dass Barkley, Pippen, Bird, Kemp und Schrempf nur für ihn gekommen waren. Für den Mann also, der einst als schmächtiger Lulatsch von Würzburg aus in sein NBA-Abenteuer startete – und es 2011 krönte. Mit dem Meistertitel. Dass er in der besten Liga der Welt nur für einen Club, die Dallas Mavericks, spielte, macht Dirk Nowitzki noch besonderer. „Es wird niemand mehr so sein wie du“, sagte Clubbesitzer Mark Cuban und ergänzte: „Danke, danke, danke.“ Für 21 Spielzeiten, 1522 Spiele, 51 368 gespielte Minuten, 31 560 Punkte, 7240 verwandelte Freiwürfe, 10 021 Defensiv-Rebounds – und natürlich den NBA-Titel.
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Die schnelle Lindsey Vonn: Niemand war so konstant und so hart am Gas wie Lindsey Vonn. Immer wieder kam die Skirennläuferin nach diversen Verletzungen auf atemberaubende Weise zurück. 82 Weltcuperfolge feierte die US-Amerikanerin, davon 71 in Speed-Disziplinen – nur Ingemar Stenmark erreichte sie nicht (86). „Lindsey macht keine Fehler, sie fährt wie auf Schienen“, sagte Annemarie Moser-Pröll, nachdem sie am 19. Januar 2015 von Platz eins der ewigen Bestenliste der Frauen gestoßen worden war. 20 Disziplin-Weltcuptitel sicherte Vonn sich, viermal gewann sie den Gesamtweltcup. Dazu kommen eine goldene und zwei bronzene Olympiamedaillen. Ihr letztes Rennen bestritt die Frau aus Minnesota am 10. Februar 2019 mit 35 Jahren – und holte Bronze in der WM-Abfahrt. Abseits der Piste sorgte Lindsey Vonn vor allem durch ihr Liebesleben für Schlagzeilen. Nach ihrer Scheidung 2013 war sie gut zwei Jahre mit Golfstar Tiger Woods liiert, danach hatte sie mehrere andere Beziehungen.
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Die Ära der Silberpfeile: Der 16. November 2009 gehört noch nicht zum nun zu Ende gehenden Jahrzehnt – und ist doch unfassbar wichtig für die folgenden Jahre. An diesem Tag gab die Daimler AG bekannt, wieder als Werksteam in der Formel 1 an den Start zu gehen. Die Rückkehr der Silberpfeile – eine gute Idee? Nein – eine brillante. Zumindest lässt sich das heute so beurteilen beim Blick auf die zurück liegenden Jahre. Sechsmal hintereinander holte das Team seit 2014 sowohl den Fahrer- als auch den Konstrukteurstitel, die Mannschaft prägt und prägte eine Ära, in Lewis Hamilton beschäftigt Mercedes zudem den womöglich künftigen Rekordchampion (aktuell sechs WM-Titel) – und jedes Mal, wenn die Konkurrenz Morgenluft witterte, drückten die Silbernen ein wenig mehr aufs Gas. Verantwortlich dafür: ein Österreicher namens Toto Wolff. Den zu 2013 zu Mercedes zu holen war übrigens auch keine gute Idee – sondern eine brillante.
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Der goldene Fabian Hambüchen: Das goldene Reck steht mittlerweile in der Turnhalle in Wetzlar. Gut, es ist nicht golden, aber es war Sparringspartner eines gewissen Fabian Hambüchen – und dessen Karriere als deutscher Vorturner glänzt seit Sommer 2016 in Gold. In Rio de Janeiro krönte er eine Laufbahn, die er 2004 als Brille tragender Wunderknabe begann und 2018 beendete. Mit einer Sammlung von neun WM- und drei Olympia-Medaillen. Wie kaum ein deutscher Sportler vor ihm hat der 1,63 Meter kleine Hesse eine ganze Sportart über einen so einen langen Zeitraum geprägt und ihr zu medialer Präsenz verholfen. Was davon bleibt: Ein Mann, der auch künftig nicht um klare Worte verlegen sein wird, wenn es um die Zustände des Sports in Deutschland geht. Und die Erkenntnis, dass auch Turnen die Massen begeistern kann.
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Das Duell Messi gegen Ronaldo: Es ist eine Fußball-Glaubensfrage, die das nun zu Ende gegangene Jahrzehnt geprägt hat. Man könnte sie in Titeln beantworten. Der eine: viermal Sieger der Champions League, zehnmal spanischer Meister, Vizeweltmeister, 114-facher Torschütze in der Königsklasse und sechsmal Weltfußballer des Jahres. Der andere: fünfmal Sieger der Champions League, dreimal englischer, zweimal spanischer Meister, Europameister, 128-facher Torschütze in der Königsklasse und dreimal Weltfußballer des Jahres. Ist die Frage damit beantwortet? Nur bedingt. Die einen lieben Lionel Messi, den bescheiden daherkommenden Dribbler, klein und wendig, immer unberechenbar. Die anderen verehren Cristiano Ronaldo, den egozentrischen Kraftprotz, selbstbewusst bis arrogant, schnell und komplett, immer bereit, Spiele allein zu entscheiden. Wer also war und ist besser? Man wird noch Jahre diskutieren.
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Die DFB-Skandale: Der Fußball ist ja bekannt für schnelle und häufige Personalwechsel. Das Amt des Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) war davon lange Zeit ausgenommen. Hermann Neuberger stand 17 Jahre an der Spitze des größten Sportfachverbandes der Welt, Egidius Braun von 1992 bis 2001, Theo Zwanziger immerhin von 2004 bis 2012. Doch die Zeiten haben sich geändert in den vergangenen Jahren. Der DFB feierte 2014 zwar den WM-Titel, bot auf anderen Ebenen jedoch ein chaotisches Bild und wurde den eigens formulierten moralischen Ansprüchen nur selten gerecht. Über die Vergabe der WM 2006 kam Ungeheuerliches ans Licht, dubiose Zahlungen sind bis heute nicht begründet, und in Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel konnten sich zwei weitere Präsidenten nur je drei Jahre im Amt halten. „Wer mich gewählt hat, der hat Veränderung gewählt“, kündigte nun Fritz Keller an. Der badische Winzer und Gastronom will einen DFB „mit neuen Strukturen, effizient und transparent“.
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Das deutsche Finale: Es gibt Ereignisse, die passieren nicht allzu oft. Eine Sonnenfinsternis, zum Beispiel. Oder: ein rein deutsches Endspiel in der Fußball-Champions-League. Der FC Bayern mit der Wut des verlorenen „Finale dahoam“ vom Jahr zuvor. Borussia Dortmund in der Hochphase der Jürgen-Klopp-Ära. Man wird sich noch lange erzählen vom deutschen Giganten-Treffen im Londoner Wembleystadion, dass ausgerechnet ein Holländer entschied. Arjen Robben war der Held – aber Sieger irgendwie der gesamte deutsche Fußball, der auch für seine Vereine goldene Jahre vor sich sah. Dumm nur, dass danach die Clubs der Bundesliga – von einigen Ausnahmen abgesehen – reihenweise früh scheiterten. Kein Bock auf die Europa League, keine Chance in der Champions League – jeweils mit Ausnahmen. Bleibt das so? Die Hoffnung auf eine Neuauflage FCB gegen BVB immerhin lebt: Beide Clubs stehen aktuell im Achtelfinale.