Der 1. Mai wurde unter dem Fernsehturm ganz unterschiedlich gefeiert: Mit Reden und Volksfest im Zetkin-Haus – und mit einer Wanderung der Birkhe-Bronna-Hexa.

Sillenbuch - Die Gegner des Bahn-Projektes Stuttgart 21 hatten ihren Stand aufgestellt, die Deutsche Kommunistische Partei einen Büchertrödel, zwei Schritte daneben hing eine Info-Wand des Palästina Komitees Stuttgart. Zwischen den Ständen überall Besucher, mit einer Roten Wurst im Brötchen oder einem Kuchenteller in der Hand; Familien, die an Tischen auf der Wiese unter den blühenden Apfelbäumen sitzen und Kinder, die durch die Menge toben: Die 1.-Mai-Feier im Sillenbucher Clara-Zetkin-Haus vereinte die unterschiedlichsten Besucher.

 

Unter ihnen auch Michael Weingarten, Professor für Philosophie an der Uni Stuttgart und Doppelgänger von Ur-Kommunist Karl Marx. Lange Haare, Rauschebart – „die Ähnlichkeit ist durchaus gewollt“, sagte Weingarten. Er und seine Partnerin Annette Ohme-Reinicke, ebenfalls Lehrbeauftragte am Institut für Philosophie, kommen oft ins Zetkin-Haus, und fast jedes Jahr am 1. Mai. Den beiden gefällt es, wie dort der Tag der Arbeit gefeiert wird. „ Diese bunte Mischung aus oppositionellen Heimatschützern, Vertretern aus der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung und Familienfest, das ist Stuttgart“, sagte Ohme-Reinicke.

„Verbunden mit dem Kampf um kürzere Arbeitszeiten“

Als Gastrednerin sprach Daimler-Betriebsrätin Christa Hourani und erinnerte an die Geschichte des 1. Mai. „Er ist untrennbar verbunden mit dem Kampf um kürzere Arbeitszeit“, sagte sie. 1856 seien zum ersten Mal Arbeiter in Australien dafür in den Ausstand getreten. Über die USA kam der Gedanke nach Europa. In Deutschland, so Hourani, dauerte es aber bis zum Jahr 1919 , bis der 1. Mai erstmals in Deutschland als nationaler Feiertag gesetzlich verankert wurde und tatsächlich der Acht-Stunden-Tag verbreitet war. In den vergangenen Jahren, bedingt durch die steigenden Arbeitslosenzahlen, sei die Arbeitszeitverkürzung aus dem Fokus geraten. Zu Unrecht, wie Hourani findet. „Die Massenarbeitslosigkeit ist eine Folge dessen.“

Weniger politisch verbrachten die Birkhe-Bronna-Hexa aus Birkach den Maifeiertag. Auf einer zehn Kilometer langen Route wanderten 16 Hexen durchs Siebenmühlental. Einige davon allerdings in besonderer Gewandung. Zunftmeisterin Fay Duffield-Schwarz etwa musste den Weg mit einer rosa Schweinsnase zurücklegen. Dazu hatte sie das Hexengericht am Aschermittwoch verurteilt. „Während der Fasnet hatte ich jemandem eine Schweinsnase geklaut und aufgesetzt“, schildert Fay Duffield-Schwarz ihr Vergehen. Häsverunglimpfung entschied das Hexengericht. Anderen Hexen erging es nicht besser. Die Säckelmeisterin der Birkhe-Bronna-Hexa war zwei Mal während der Fasnet auf Veranstaltungen eingeschlafen. Ihre Schlafmützigkeit büßte sie auf der Maiwanderung damit, im Nachthemd zu laufen.

Kopf in die Mehlschüssel

Doch auch die Schnupperhexen mussten harte Proben über sich ergehen lassen: Thematisch zum Siebenmühlental passend, mussten sie mit dem Mund aus einer mit Mehl gefüllten Schüssel ein Stückchen Schokolade fischen. Das gelang – allerdings drang ihnen das Mehl dabei in Augen, Nase und Mund ein. „Furchtbar“, beschwerte sich eine Hexen-Aspirantin. Ein professionelles Programm – dabei wandern die Birkhe-Bronna-Hexa erst zum zweiten Mal am Maifeiertag. Am 11. Januar 2011 hat sich die Birkacher Narrenzunft gegründet.