Vor 90 Jahren wurde Max Schmeling als erster Europäer Weltmeister im Schwergewicht. Auch Axel Schulz erinnert sich.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Der Boxer Axel Schulz ist stolz auf seine Pokale. Doch was ihn noch heute wirklich tief bewegt, sind die Treffen mit Max Schmeling. „Ich habe das Glück gehabt, dass ich ihn ein paar mal zu Hause besuchen durfte“, sagt Schulz dieser Zeitung. Dabei erinnert er sich vor allem an die guten Ratschläge des Altmeisters und Jahrhundertsportlers. Schulz wird sie nie vergessen.

 

„Max hat mir damals vor dem Kampf gegen George Foreman gezeigt, wie man gegen solch einen Topmann aus den USA die Deckung hält“, erinnert sich Axel Schulz. Foreman siegte damals zwar nach Punkten, doch bis heute empfindet der überwiegende Teil der Boxexperten das Urteil der Kampfrichter zugunsten des Amerikaners als zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit. Ihrer Ansicht nach war Schulz der Bessere. Und Foreman drückte sich vor dem Rückkampf. Auch das noch.

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Am 12. Juni 1930, also vor auf den Tag genau neunzig Jahren, schlug Max Schmelings große Stunde – Axel Schulz kann sich daran natürlich nicht erinnern, aber er weiß es. Schmeling wurde als erster Europäer Weltmeister im Schwergewicht, es war die Geburtsstunde einer Ikone des Faustkampfs. Dabei musste sich der Deutsche allerdings bei Weitem nicht so abmühen wie seinerzeit Schulz gegen Foreman. Ein bisserl Glück war auch dabei.

Im New Yorker Yankee Stadion wurde Max Schmeling von seinem Gegner Jack Sharkey schon in der vierten Runde mit einem fiesen Tiefschlag attackiert. Die Punktrichter disqualifizierten den Amerikaner sofort. Bis heute streitet die Fachwelt darüber, ob das nötig war. Erst als Schmeling seinen Titel 1931 gegen William Stribling verteidigen konnte, war er für viele Beobachter der Boxszene der wahre Champion.

Der Mann mit dem Kampfnamen „der schwarze Ulan vom Rhein“ hielt zwischen 1930 und 1932 den Titel des Schwergewichts-Champions. Ein Comeback als Weltmeister gelang dem „strammen Max“ - trotz des famosen Sieges 1936 gegen Joe Louis - im entscheidenden zweiten Kampf von 1938 dann aber nicht mehr. Schmeling gilt bis heute als einer der populärsten Sportler Deutschlands – er war sozusagen der Vorreiter der großen anderen Stars. Nach ihm eroberten Leute wie Franz Beckenbauer, Rosi Mittermaier, Boris Becker, Steffi Graf oder Michael Schumacher die Herzen der deutschen Fans. Schmeling machte den Anfang.

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Aber vor allem, daran erinnert sich nicht nur Axel Schulz, war er ein großartiger Mensch. „Max war nicht nur als Sportler ein Vorbild, sondern vor allem im menschlichen Bereich“, sagt der ehemalige Boxer. Herzlichkeit und Freundschaft – das spürte Schulz bei den wunderbaren Besuchen bei Schmeling in dessen Haus in Hollenstedt im Landkreis Harburg bei Hamburg. Dort starb die Boxlegende 2005 im biblischen Alter von 99 Jahren.

Max Schmeling war der Blick zu den Mitmenschen immer wichtig. „Für mich ist Religion Geben, etwas Gutes tun“, sagte er und trat in vielen Bereichen als großzügiger Spender in Erscheinung. In seinem Wohnort Hollenstedt bezahlte er im Freibad eine 70-Meter-Wasserrutsche aus eigener Tasche, das ist nur ein Beispiel zahlreicher guter Taten des Champions. Doch am rührendsten war der Umgang mit einem Gegner. Mit dem großen Rivalen Joe Louis verband Schmeling bis zu dessen Tod im Jahr 1981 eine tiefe Freundschaft. Der Deutsche unterstützte den finanziell in Not geratenen Louis und beteiligte sich in einer Geste großer Verbundenheit an den Kosten seiner Beerdigung. „Das hat mich sehr beeindruckt“, sagt Axel Schulz und fügt mit fester Stimme hinzu: „Der Max war wirklich eine große Persönlichkeit.“

Und eine treue Seele. Im Jahr seines ersten Titelgewinns lernte Max Schmeling die deutsch-tschechische Filmschauspielerin Anny Ondra kennen. 1933 heirateten sie – und blieben bis zu Anny Ondras Tod im Jahr 1987 ein Paar. Der Abschied von seiner großen Liebe war ein großer Schicksalsschlag für den bis heute einzigen Schwergewichtsweltmeister aus Deutschland. Auch wenn es immer wieder große Ankündigungen gab – keiner konnte Max Schmeling das Kunststück von 1930 nachmachen. Auch Axel Schulz nicht.