Die Befürchtungen bei Zeiss in Jena nach der Wende haben sich nicht bewahrheitet. Das Werk ist keine verlängerte Werkbank von Oberkochen geworden.

Von den 10 800 Zeiss-Beschäftigten in Deutschland ist heute noch fast jeder fünfte am Gründungsstandort Jena tätig. Das hört sich für ein Unternehmen in den neuen Bundesländern nicht schlecht an, aber dem sind größere Entlassungswellen vorausgegangen. Ende 1991 haben auf einen Schlag 16 000 Zeissianer ihre Arbeit verloren. „Das war eine dramatische, eine bittere Zeit“, erinnert sich Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD). Viele ehemalige Angestellte hätten „mit Tränen in den Augen zugesehen, wie Werksgebäude abgerissen oder zu einem Einkaufszentrum umgebaut wurden“.

 

Es war die Zeit der Wiedervereinigung von Zeiss, der Zusammenführung der beiden Teile in Ost und West. Unabhängig von Jena entstand nach dem Krieg ein westdeutsches Unternehmen Zeiss in Oberkochen, das aus den Teilen bestand, die die amerikanische Besatzungsmacht in Sicherheit bringen konnte, bevor die Sowjetunion in Thüringen die Regie übernahm und Zeiss in Jena enteignete. Jena - Zu DDR-Zeiten galt Zeiss in Jena als ein volkseigener Vorzeigebetrieb mit 30 000 Beschäftigten. Wie viele Kombinate, so erwies sich jedoch auch Zeiss Ost unter marktwirtschaftlichen Bedingungen als nicht wettbewerbsfähig. Zeiss Oberkochen nahm Zeiss Jena nach der Wende unter seine Fittiche – auch um zu vermeiden, dass sich künftig zwei Unternehmen gleichen Namens auf dem Weltmarkt Konkurrenz machen.

Zeiss-Chef Michael Kaschke verweist rückblickend auf „schwierige, kritische Jahre 1991 bis 1994“. In Jena grassierte die Angst, künftig zu einer verlängerten Werkbank von Oberkochen zu werden. Nicht alle Entscheidungen seien damals richtig gewesen, räumt Kaschke ein. Er verweist aber darauf, dass die Mikroskopie von Göttingen nach Jena verlagert sowie alle Aktivitäten im Bereich Medizintechnik mit den Jahren in Thüringen konzentriert wurden. Kaschke nennt Jena „einen der dynamischsten und wachstumsstärksten Standorte der Unternehmensgruppe“. Seit nunmehr 19 Jahren beherrscht Zeiss Oberkochen den Thüringer Zeiss-Verbund, der aus vier Töchtern besteht. Neben Carl Zeiss Jena sowie Teilen der Konzernforschung gehören hierzu Carl Zeiss Microscopy, Carl Zeiss SMS sowie Carl Zeiss Meditec, ein börsennotiertes Unternehmen.

Carl Zeiss Meditec ist auf Wachstumskurs. Die Nachfrage nach künstlichen Augenlinsen, sogenannten Intraokularlinsen, sowie mikrochirurgischen Lösungen speziell in Japan ist anhaltend hoch. Weltweit werden knapp 3000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Umsatz lag 2013 bei 906 Millionen Euro, womit die in Jena beheimatete Medizintechnik zur stärksten Carl-Zeiss-Sparte aufstieg. Der Konzern hält an Zeiss Meditec etwa zwei Drittel der Anteile, der Rest ist in Streubesitz.

Carl Zeiss Microscopy hat sich weltweit einen Namen als Hersteller und Anbieter von mikroskopischen Lösungen und Systemen gemacht. Die Tochter bietet Lösungen für die biomedizinische Forschung, das Gesundheitswesen, die Materialforschung und die Hightechindustrie an; sie gehört mit 650 Millionen Euro Umsatz und 3000 Mitarbeitern (davon 400 in Jena) international zu den Marktführern.

Auch Zeiss SMS steuert die weltweiten Aktivitäten von Jena aus. Das Unternehmen hat sich auf lithografische Fotomasken spezialisiert, eine Schlüsselkomponente in der Halbleiterfertigung, über die die vollständige Strukturinformation für die Herstellung von Mikrochips erfolgt. Gerade erweitert die Zeiss-Tochter ihre Reinraumkapazitäten in Jena, nachdem unlängst ein Millionenauftrag aus den USA einging. Erst 2013 wurde der ostdeutsche Standort mit 140 Mitarbeitern ausgebaut.

Carl Zeiss Jena ist die zentrale Produktionsgesellschaft für Optik und Mechanik mit den Hauptstandorten Jena und Oberkochen. Im vorigen Jahr sicherte sich dieser Bereich, der auch Fotoobjektive herstellt, unter anderem Aufträge für sechs Großplanetarien in aller Welt. Produziert wird auch im weißrussischen Minsk.