Ivo Batic und Franz Leitmayr feiern Jubiläum: Nach 25 Jahren im Münchner „Tatort“ finden sich die beiden TV- Ermittler in einer globalisierten und digitalisierten Welt wieder. „Mia san jetzt da wo’s wehtut“ ist ein düsterer Krimi.

Stuttgart - Sie sind mit ihren Zuschauern alt geworden, und die danken es ihnen mit großer Treue beim Einschalten. Waren die Kommissare Ivo Batic ((Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) zu Anfang ihrer Karriere ungestüme Kerle mit braunen Lockenköpfen, so begingen sie ihr 25-jähriges Dienstjubiläum im Münchner „Tatort“ als gut frisierte, fast weise auftretende Silberfüchse.

 

Aber was heißt begingen: Die Drehbuchautorin Catharina Schuchmann und ihr Co-Autor und Regisseur Max Färberböck hatten ihnen zur Feier des Tages einen derart mit Leichen gepflasterten Fall eingebrockt, dass die beiden Ermittlern nur kurz mit Espresso-Pappbechern anstoßen konnten. Keine Sentimentalitäten, kein Nachdenken über das, was gemeinsam fiktiv schon alles bewältigt wurde, seit man 1991 in „Animals“ wegen Tierversuchen gegen einen Kosmetikhersteller ermittelte, immerhin 72 Fälle mit insgesamt 152 Toten.

Statt dessen ein Verbrechen, das in der bayerischen Halbwelt mit Verbindungen in die höchsten Kreise angesiedelt war, eine Reihe von Ermittlungsfehlern, und eine verhängnisvolle Entscheidung. Ein eigentlich schon ad acta gelegtes Verfahren wurde wieder aufgenommen, was letztendlich eine Serie von weiteren Morden auslöste. Und in das Innenleben des ja manchmal hart an der Grenze im kriminellen Milieu ermittelnden Ivo Batic drang so eine weitere bohrende Frage. Hätte er die Sache ruhen lassen sollen, steckt er mit drin im Schlamassel, weil er lange eine Art „Arbeitsbeziehung“ zu einem in allen geldversprechenden gesellschaftlichen Bereichen aktiven Zuhälter unterhielt, den er seit der Fußballerjugend kennt?

Atmosphärisch dicht

„Mia san jetzt da wo’s weh tut“ war ein ebenso offener wie bekennerhafter Titel für den atmosphärisch dichten, in den Abgründen der globalisierten Dienstleistungsgesellschaft spielenden Jubiläums-„Tatort“. Zwischen Großwäscherei und Großbordell, wo für wenig Entlohnung importierte weibliche Arbeitskräfte schuften, hatten Batic und Leitmayr einen dreckigen Job zu tun, und sich unter anderem damit zu befassen, dass die Dinge komplizierter geworden sind, seit sie jung waren.

Max Färberböck hat dabei die Veränderungen in einer seit dem Mauerfall scheinbar grenzenlos gewordenen Welt, in der ein Begriff wie moderner Sklavenhandel längst zum Alltag gehört, weniger an den beiden Hauptfiguren als am gesamten Plot festgemacht. Der Mord an einer rumänischen Prostituierten wird zum Ausgangspunkt einer fieberhaften Suche in den Sphären einer obszön reich gewordenen Schickeria, die ihren Söhnen fürs Studium ein Loft spendiert, in dem dann eben auch mal nicht ganz jugendfreie Partys abgehen, mit „gönn Dir’s“ als Schlachtruf hart arbeitender, hart feiernder verrohter Egoisten. Neben der Globalisierung mit all ihren Gewinnern und Verlierern spielt auch die Digitalisierung eine Rolle, das Corpus delicti ist ein Handyvideo, durch das die Täter erpressbar sind. So haben die Macher des düsteren Geburtstagsfilms geschickt und in zeitgenössischer Clip-Ästhetik die beiden beherrschenden Themen der Jahre verarbeitet, die auch die bisherige Amtszeit des gegensätzlichen und sich ergänzenden Paares Batic und Leitmayr ausmachen.

Wollte man die durchaus ambivalente Geschichte als Metapher interpretieren, dann stünde sie vielleicht für eine Gesellschaft, in der die alten Vereinbarungen zwischen unterschiedlichen Schichten, die zumindest ein Nebeneinander ermöglichten, nicht mehr gelten, in der Gier einfach geil geworden ist. Dass die Kinder der Ü-50-Generation hier zu Tätern und Opfern werden, hat die durchaus mit zu verantworten.