Von Anfang an ein Hit: im November 1983 öffnete die Rockfabrik in Ludwigsburg. Seit drei Jahrzehnten ist sie eine Institution in der Heavy-Metal-Szene. Ein Interview mit dem Geschäftsführer Wolfgang Hagemann.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)
Ludwigsburg- - Als Schlagzeuger von Running Wild hat Wolfgang Hagemann selbst auf ziemlich großen Bühnen gestanden. Seit einem Viertel Jahrhundert holt er Bands in die Rockfabrik und macht dort das Programm. Jetzt feiert der 52-Jährige, den alle nur Hasche nennen, den 30. Geburtstag der Ludwigsburger Institution.
Herr Hagemann, was war der schönste Moment in 30 Jahren Rockfabrik?
Da gab es so viele! Aber der schönste Moment war wohl für alle die Eröffnung. Dass die Rockfabrik eingeschlagen hat wie eine Bombe. Damit hat niemand gerechnet.
Und was war der größte Reinfall?
Ein Vermögen hat uns der Auftritt von der Band FM und von Russ Ballard gekostet. Russ Ballard ist eigentlich ein Superstar, aber es kamen nur 250 Leute. Da kann man dem Künstler fast nicht mehr in die Augen schauen, so peinlich ist das. Dafür haben andere Sachen funktioniert. Wir haben vor 17 Jahren mit Halloween angefangen, die Party ist seither ausverkauft. Und die Abi-Party wird seit 16 Jahren immer größer.
Waren Ihre Lieblingsbands alle schon da?
Na, es gibt noch welche, die ich gern hier sehen würde. Aber die sind zu groß. Wichtig ist, dass man die jungen Bands holt. Das macht einen Riesenspaß. Auf Engagements wie Volbeat bin ich stolz. Wir waren der erste Club in Deutschland, wo die Band gespielt hat. Das war 2007. Vier Jahre später traten sie in der ausverkauften Schleyerhalle auf. Das Gleiche gilt für Unheilig. Da haben Sie dann Tränen in den Augen und Gänsehaut. Als Metallica in der Schleyerhalle spielten, liefen auf riesigen Videoscreens Filmszenen aus ihrem Tour-Alltag. Plötzlich sehen wir Bilder von der Rockfabrik und 13 000 Leute fangen an zu schreien. Das ist ein Gefühl, das ist interplanetarisch. Diese Band gibt 250 Konzerte im Jahr und erinnert sich an diesen kleinen verschissenen Club in diesem Miniland! Ludwigsburg ist nicht unbedingt der Nabel der Welt. Auch Motörhead kommen immer bei uns vorbei, wenn sie in der Gegend spielen.
Warum wirkt die Rockfabrik so anziehend?
Es ist hier wie Familie. Man sagt, Discos existieren nur ein paar Jahre, höchstens eine Generation lang. Da sind wir längst drüber weg. Man muss natürlich ständig schauen, welche Musik die jungen Leute hören, wo man sie abholt. So steht man wieder für die nächste Generation parat. Außerdem verlieren wir unsere Gäste nicht, die sind heute zwischen 16 und 60 Jahre alt. Von Anfang an war es das Konzept, dass sich jeder an einem Tag in der Rockfabrik wieder findet. Wir versuchen, die verschiedensten Couleure der Musik abzudecken – von Pop und Rock bis hin zu Dark Wave Gothic zum Beispiel.
Hat sich die Jugend in den vergangenen 30 Jahren eigentlich stark verändert?
Einerseits ist sie gleich.Die Jugend möchte ausgehen, Spaß haben, was trinken, ein bisschen rebellieren, anders sein als die Eltern. Ich habe es so gemacht, und die heutige Jugend macht es auch so. Was sich verändert hat, ist das Tempo: Alles ist durch die vielen Medien viel schneller geworden, auch die musikalischen Trends. Und das Ausgehverhalten: Die jungen Leute sind verantwortungsbewusster geworden oder haben mehr Druck. Sie gehen unter der Woche nicht mehr so viel aus, wie meine Generation das noch getan hat. Sie lassen es hauptsächlich am Wochenende krachen.
Ist ihr Geschäft schwieriger geworden?
Umsätze wie Anfang der 1980er Jahre werden heute nicht mehr geschrieben. Jedes Dorf hat ja mittlerweile seine Rockpinte. Früher hatten wir jeden Tag offen und oft 1000 Gäste am Abend. Heute sind es nur noch fünf Tage, aber das ist für eine Großraumdisco weiterhin ungewöhnlich.
Wie lange hält die Rockfabrik noch durch?
Tja. Wir haben nicht vor aufzuhören. Und wir haben das Glück, dass Rockmusik kein Trend ist. Rockmusik wird es ewig geben. Insofern wird die Rockfabrik immer ihren Platz haben. Wir werden sicher niemals einen Hip-Hop-Laden daraus machen.