Ein Exkurs über weinselige Weisheiten, Wildgerichte, Schlagerlieder, überfüllte Keller, gestresste Türsteher und die Erkenntnis, dass es noch Traditionen gibt.

Leonberg - „Ein Mädchen und ein Gläschen Wein sind die Retter in der Not. Denn wer nicht trinkt und wer nicht küsst, der ist so gut wie tot.“

 

In der Kelter der Familie Illig hängen mehrere Fässer an der Wand, auf denen weinselige Weisheiten zu lesen sind. Die mögen etwas altmodisch, vielleicht sogar banal klingen, aber ganz von der Hand zu weisen sind sie nicht. Geht es doch gerade dann, wenn viele Menschen zusammenkommen, oft um den Genuss in seinen verschiedenen Ausprägungen. Und wer würde bestreiten, dass beim Pferdemarkt viele Menschen unterwegs sind?

So viele, dass eine Örtlichkeit des Feierns längst nicht ausreicht, um all jene zu beherbergen, die die Leonberger Variante der fünften Jahreszeit zelebrieren. Längst hat sich das Fest vom Marktplatz weg über die gesamte Kernstadt ausgedehnt. Ein kleiner Rundgang führt zu den unterschiedlichen Feststätten.

Im Weinhof Illig haben Feste Tradition. Im Sommer und eben auch beim Pferdemarkt. Viele Gäste schätzen das gute Essen, das ein Kochteam unter Federführung von Elisabeth Illig frisch zubereitet. Diesmal viel Wild, ist doch Sohn Michael passionierter Jäger. So stehen etwa Gulasch vom Frischling oder Wildmaultaschen auf der Speisekarte. Partymucke gibt es zudem, und so treffen hier unterschiedliche Generationen aufeinander, die den Pferdemarkt auf Eltinger Art angehen.

Das Herz des Pferdemarkts ist die Altstadt

Partysound ist auch in der Steinturnhalle angesagt. Hier haben die SV-Handballer den Hut auf: Nach der Pferdemarkt-Warm-Up-Party am Freitag präsentieren Matze Groß und sein Team am Samstag Anuschka Miccoli. „Du bist wie ein Seelenbeben“, singt die Leonbergerin und trifft damit den Nerv des mehrheitlich schlageraffinen Publikums. Das Curvy Model, wie sie zuvor angekündigt wurde, tritt auf einer eigentümlicherweise dunkel ausgeleuchteten Bühne im weißen mit Notenschlüsseln verzierten Kleid auf. Dass nicht ihre Vorbilder Andrea Berg oder gar Helene Fischer auf der Bühne stehen, ist hörbar.

Das Herz des Pferdemarktes ist aber eben doch die Altstadt: „Nicht stehen bleiben, weiterlaufen!“ Nicht nur der Türsteher des Schwarzen Adler hat seine Mühe, Menschenstaus zu vermeiden. Auch seine Kollegen im Kleinfelder-Keller und im Gasthaus zur Sonne, wo die Waldhexen feiern, sind nicht zu beneiden. Den entschlossen eintrittswilligen Gästen zu erklären, dass einfach kein Platz mehr da ist, ist nicht so leicht. Die beiden Locations sind die absoluten Hotspots am Samstag.

Angenehmer ist es in Ardas Grand-Cru-Keller oder bei der Familie Ruff. Hier geht es noch klassisch zu. Der Akkordeonspieler Albert Eisenburg besingt die „Schwarze Natascha“ und fordert „Nach Hause gehen wir nicht“. Das dortige Publikum ist aber doch früher im Bett als die Jungen in der Sonne.