Die Erhebung zur Großen Kreisstadt vor 50 Jahren hat laut Einschätzung von Zeitzeugen einige Jahre später insbesondere bei der Eingemeindung der Ortschaften eine wichtige Rolle gespielt.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Schorndorf - Wie war das vor 50 Jahren, als Schorndorf feierlich zur Großen Kreisstadt erklärt wurde? Rolf Rommel, der langjährige Hauptamtsleiter der Stadt, schmunzelt. Er könne sich nicht mehr ganz genau erinnern, aber ein „typisch schwäbisches Essen mit Spätzle“ habe es ganz sicher gegeben in der Schlachthofgaststätte, in die man nach dem Festakt eingekehrt sei. Welche Bewandtnis hat der Titel gehabt? Im benachbarten, damals noch selbstständigen Miedelsbach habe man sich darüber bis dahin wenige Gedanken gemacht, sagt der damalige Miedelsbacher Gemeinderat und spätere Ortsvorsteher, Hermann Mößner, „außer vielleicht, dass der Bürgermeister dann wohl mehr Geld bekäme.“

 

Rolf Rommel und Hermann Mößner haben am Freitagabend gemeinsam mit dem amtierenden Oberbürgermeister Matthias Klopfer in einem moderierten Gespräch im Stadtmuseum auf die vergangenen 50 Jahre zurück geblickt und versucht zu erörtern, welche Bedeutung der Titel für die Kommune gehabt hat.

Oberamt Schorndorf aufgelöst

Insbesondere für die älteren Jahrgänge sei die Erhebung wichtig gewesen, glaubt Rolf Rommel. Schließlich hätten diese erleben müssen, wie das einstige „Oberamt Schorndorf“ 1938 mit der Kreisneugliederung aufgelöst und das gesamte Umland dem Landkreis Waiblingen zugeschlagen wurde.

Vor der neuerlichen Kreisreform in den 70er-Jahren habe dann die wenige Jahre zuvor erlangte Bezeichnung bei den Verhandlungen über die Eingemeindung der heutigen sieben Ortschaften sicherlich eine wichtige Rolle für das eigene Selbstverständnis gespielt, glaubt Hermann Mößner. Schorndorf habe bis dato bei den kleineren Gemeinden drumherum nämlich keinen so guten Ruf gehabt. Die Kommune habe als arme Stadt, der dortige Gemeinderat als heillos zerstritten gegolten. Nun aber hatte man als Große Kreisstadt den gleichen Status erlangt wie sonst im Remstal nur Fellbach und Waiblingen. Nicht überall freilich ging die Eingemeindung so reibungslos vonstatten wie in Miedelsbach, wo der Gemeinderat laut Mößner mit klarer Mehrheit dafür stimmte. Haubersbronn etwa bemühte mehrfach die Gerichte, klagte gegen die Eingliederung – letztlich vergeblich.

Unterschwellige Ressentiments

Noch heute gibt es im Flecken durchaus unterschwellige Ressentiments, auch wenn Matthias Klopfer betont, dass man in der Großen Kreisstadt Schorndorf längst zu einem konstruktiven Miteinander zusammengewachsen sei. Insgesamt, so die Einschätzung des Rathauschefs, habe der Status der Kommune sicherlich mehr Selbstbewusstsein gegeben, ihr und ihm als deren Oberbürgermeister mehr Gehör verschafft – auch gegenüber dem Landkreis, der nun nicht mehr die Aufsichtsbehörde für die Kommune ist, weil diese in dieser Hinsicht direkt dem Regierungspräsidium untersteht. Dafür habe man eine Vielzahl an Aufgaben und Zuständigkeiten übernehmen müssen, was Klopfers Ansicht nach wiederum für mehr Bürgernähe sorge. Auch Klopfer glaubt, dass die Ernennung zur Großen Kreisstadt vor 50 Jahren der Gemeindereform den Boden bereitet habe, und dass diese der Stadt wie den Ortschaften gut getan habe. „Es war die richtige Entscheidung und wert, den Weg zu gehen“, sagt Rolf Rommel. Das Ortsteilkonkurrenzdenken sei bei aller konstruktiver Auseinandersetzung dem Blick für das Wohl der Gesamtstadt gewichen, glaubt Matthias Klopfer – wobei: „Manchmal denke ich, dass wir noch einen Ortsvorsteher für die Innenstadt brauchen.“