Das Klärwerk feiert 50 Jahre. Kurz danach soll die neue Anlage zur Phosphorgewinnung in Betrieb gehen.

Renningen - Von der ersten Kanalisation bis zum modernen Klärschlammreformer: In diesem Jahr feiert die städtische Kläranlage ihr 50-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass konnten Besucher beim Tag der offenen Tür am Sonntag einen Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft der Einrichtung werfen.

 

Die jüngste Errungenschaft der Stadt in Sachen Abwasserverarbeitung und -entsorgung ist ein neuer Klärschlammreformer. Phosphor, kostbarer Bestandteil von Düngemitteln, wird damit aus dem Abwasser gewonnen und zugleich die Menge des Klärschlamms reduziert. In den nächsten Wochen soll der Probebetrieb starten, damit im Herbst der Automatikbetrieb anlaufen kann.

Eigentlich war der Probebetrieb bereits für Ende 2016 angekündigt. Doch die Firma Thermo-System, die den neuartigen Reformer entwickelt, wollte noch ein paar Änderungen umsetzen, erklärt der Stadtbaumeister Hartmut Marx. „Beim Probebetrieb ihrer Anlage in Grünstadt in Hessen stellten sie fest, dass, wenn man ein paar Komponenten ändert, das einen stabileren und besseren Betrieb ermöglicht. Deshalb wurden diese Komponenten für Renningen gleich übernommen und der Reformer entsprechend umgebaut.“ Höhere Kosten entstehen für die Stadt dadurch nicht.

Bald kommen Tüv und technische Abnahme

Der nächste Schritt ist die Kalt-Inbetriebnahme, die in den nächsten Wochen erfolgen soll. Danach kommen der Tüv und die technische Abnahme durch das Landratsamt, bevor es mit dem Probebetrieb losgehen kann. Dabei läuft die Anlage ganz normal, nur wird sie intensiver überwacht und alle Vorgänge optimiert. „Da wird also alles noch mal nachjustiert“, sagt Marx. „Anvisiert ist ein halbes Jahr, bevor wir mit dem Automatikbetrieb starten.“

Es ist nicht das erste Projekt, mit dem die Stadt Renningen ihr Abwassersystem verbessern möchte. Da wäre zum Beispiel der Faulturm, in dem der anfallende Klärschlamm vergärt. Die entstehenden Gase dienen der Stromerzeugung, zugleich hat der übrig bleibende Schlamm fast keinen Geruch mehr. Später kam die solare Klärschlammtrocknung hinzu, die das Gewicht des zu entsorgenden Klärschlamms auf ein Minimum reduziert.

Der Reformer geht noch einen Schritt weiter: Er soll nicht nur dieses Gewicht noch weiter verringern, sondern auch den kostbaren Phosphor aus dem Schlamm herausfiltern. Das innovative Projekt, das bislang nur bei größeren Klärwerken verbreitet ist, kostet etwa 1,4 Millionen Euro, ein Drittel davon übernimmt der Bund.

Geschichte der Kläranlage

Sicher kein schöner Anblick, doch Mitte des 20. Jahrhunderts vielerorts Alltag: Die „Erzeugnisse“ aus den Toiletten landen zum Teil ungeklärt in den umliegenden Gewässern, andere Häuser haben Sammelgruben, von denen aus die Gülle direkt auf die Felder kommt. In Renningen sah das früher nicht anders aus – bis 1967 die Kläranlage in Betrieb genommen wurde. „Bis dahin gab es schon eine Teilkanalisation“, erklärt der Stadtbaumeister Hartmut Marx. Nach der Inbetriebnahme wurden diese Kanäle ans Klärwerk angeschlossen und sukzessive neue gebaut.

„Der große Umbau kam dann mit der Eingemeindung von Malmsheim.“ Statt ein zweites Klärwerk zu errichten, entschied man sich Anfang der Siebziger, das Abwasser von Malmsheim an den Renninger Standort zu pumpen. „Malmsheim wurde daraufhin zur Großbaustelle, als die gesamten Kanäle verlegt wurden“, so Marx. „Im gleichen Zug wurde die Kläranlage auf ihre heutige Größe ausgebaut.“

Seither wurde die Einrichtung nach und nach immer weiter aufgerüstet. Erst mit einem Faulturm, später mit der Klärschlammtrocknung, jetzt mit dem Reformer. All diese Projekte waren und sind bis heute nicht selbstverständlich, sagt Marx. „Renningen war mit der Anlage immer auf der Höhe der Zeit, und es war immer ein Anliegen, für Mensch und Natur das technisch Bestmöglichste zu erreichen.“