Lange Haare, englische Lieder, Nebelmaschine. So ging es 1969 los. Das erste Konzert der Puhdys ist nun 50 Jahre her. Die Band hat die 50 nicht ganz geschafft - aber alle Musiker stehen noch immer auf der Bühne.

Berlin - „Der Saal war besser gefüllt als sonst. Eine Band aus Berlin, da kann man ja mal hingehen.“ So beschreibt der Club „Tivoli“ aus dem sächsischen Freiberg das Konzert vom 19. November 1969. Auf der Bühne stand eine Cover-Band mit einem hünenhaften Sänger. Er hieß Dieter Birr und sang auf Englisch. Das Repertoire der „Tanzveranstaltung“ umfasste 15 Titel - etwa von Deep Purple, Uriah Heep und Led Zeppelin. Es war das offiziell erste Konzert der Puhdys. Eine der erfolgreichsten Bands der DDR wäre damit nun 50 Jahre alt. Seit Januar 2016 gehen die Musiker getrennte Wege. Ein Wiedersehen mit einigen von ihnen gibt es dennoch - am 19. November in Rostock.

 

Birr alias „Maschine“, inzwischen 75 und Verfasser vieler (deutscher) Puhdys-Hits, hat damals in einer Sprache gesungen, die er bis heute nicht gelernt hat. „Die Songtexte haben wir damals phonetisch abgehört“, berichtet er der Deutschen Presse-Agentur. Das heißt: „Wir haben ein Englisch nach unserer Auffassung gesungen, das mit Englisch nix zu tun hatte.“ Den Fans war es egal: „Wir waren eine Ersatzband für die internationalen Bands - für die Leute war es wichtig, dass sie ihre Lieblingsmusik hören.“

Doch die Band war nicht jedermanns Sache. Der Bürgermeister des Städtchens Brand-Erbisdorf etwa verbot den Puhdys den Auftritt in seinem Ort, weil ihm die Männer mit den langen Haaren, den englischen Liedern und der Nebelmaschine suspekt waren. Doch das konnte die steile Karriere der Gruppe, deren Name sich aus den ersten Buchstaben der Vornamen der Musiker zusammensetzte, nicht aufhalten.

Die Puhdys durften früh auch im Westen auftreten

Schon nach einigen Jahren erlaubten ihnen die DDR-Oberen, auch im Westen aufzutreten. Das erste Konzert dort führte sie 1975 nach Holland. Regelmäßig umjubelten in Berlin Zehntausende Zuschauer die DDR-Vorzeigeband in der Waldbühne im damaligen Westteil der Stadt.

In der DDR wurden die Puhdys zwölf Mal zur beliebtesten Rockgruppe gewählt. Trotz der vielen Fans auf beiden Seiten der Mauer lösten sie sich 1989 auf – mit einer „Good-Bye-Tour“ 20 Jahre nach der Gründung. „Wir hatten alles erreicht, was wir erreichen konnten. Es war uns ernst mit dem Ende“, meinte Keyboarder Peter Meyer (79) Jahre später. Doch mit dem Mauerfall sei es wieder spannend geworden - und wenig später ging es weiter.

Vor zehn Jahren, zum 40. Puhdys-Geburtstag, sagte der Puhdys-Senior Meyer mit Blick auf 1969: „Keiner von uns konnte sich damals vorstellen, dass es jemals 20 Jahre werden würden, schon gar nicht 40 – und jetzt sind wir davon überzeugt: Wir werden 100.“ Doch 2015 teilte eine der erfolgreichsten Bands aus dem Osten überraschend mit, dass sie sich auflösen wird. Im Januar 2016 beendeten die fünf Musiker im Rentenalter in Berlin vor 11 500 Fans ihre Abschiedstour. In der „Rockerrente“ ist seitdem aber keiner der Musiker – obwohl einige von ihnen zwischenzeitlich schwer krank waren.

Heute haben die Musiker eigene Projekte: Talk-Shows, Revival-Auftritte

Birr etwa produziert Solo-Alben, steht regelmäßig mit wechselnden Musikern verschiedener Generationen auf der Bühne, tourt mit einer Talk-Show „50 Jahre Puhdys“. Dieter Hertrampf (74) alias „Quaster“ berichtet, er habe mehrere Projekte; etwa seine eigene Show „Quaster – Ich bereue nichts“, in der er durch sein Leben führe. Derzeit produziere er eine neue Platte. Vermisst er die Puhdys? Die Antwort: „Nein.“

Keyboarder Meyer ist mit dem Sänger Frank Proft unterwegs. Und er bildet mit seinem Enkel Ludwig das Duo LuPu, gemeinsam interpretieren sie den 80-er-Jahre-Puhdys-Song „TV-Show“ neu. Schlagzeuger Klaus Scharfschwerdt (65) hat mit seiner Band Scharfschwerdts Neuland jüngst das Album „Made in Europe“ herausgebracht. Peter Rasym (66) ist nun Bassist bei Lift.

In der Stadthalle Rostock heißt es am 19. November: „Stamping Feet feiert 50 Jahre Puhdys“. Stamping Feet ist die Band von Hertrampfs Sohn Sven, der die Idee für das Wiedersehen hatte. Als Gäste dabei sind Meyer, Hertrampf und Rasym sowie die Gründungsmitglieder Harry Jeske (82/Bass) und Gunther Wosylus (Schlagzeug). „Jeder von uns erzählt, wie es ihm geht nach dem Ende der Puhdys“, sagte „Quaster“ der dpa. „Zum Schluss sind wir alle zusammen auf der Bühne.“ Birr ist nicht dabei und sagt: „Die Puhdys sind bei mir Geschichte.“