Nach den Ermüdungserscheinungen und dem Quotenrückgang bei Staffel 7 von „The Walking Dead“ wollten die Macher etwas ändern. In die zuletzt sehr verbiesterte und paranoide Serie zieht wieder ein wenig Hoffnung ein.

Stuttgart - Auf den Weltuntergang ist seit einiger Zeit auch kein Verlass mehr. Einerseits kommt er zwar, erzählen Apokalypse-Grusler wie die TV-Serie „The Walking Dead“. Andererseits arbeitet er auch nur so zuverlässig wie der Fleckentferner aus dem Teleshopping-Angebot: Es bleibt immer was zurück. Bei der Erfolgsserie „The Walking Dead“, die gerade in die achte Runde geht, in Deutschland beim Bezahlsender Sky, sind das einerseits Herden von Zombievirusopfern, die beißwütig über die Erde wanken, andererseits kleine Grüppchen Menschen, die nun täglich ums Überleben kämpfen müssen.

 

Als die auf einer Comicreihe basierende TV-Serie im Herbst 2010 startete, war sie vom Entsetzen über das Ende der Zivilisation geprägt. Jeder Zombie schien das Leichnam gewordene Chaos selbst, das es abzuwehren galt. Die Zukunftsangst kam an, und spannenderweise schien keine der Hauptfiguren sicher vor einem grausigen Ende. Die Unvorhersehbarkeit der Entwicklungen galt als typisch für das neue Qualitätsfernsehen, das damals seit einigen Jahren gefeiert wurde.

Bettwanzen in Übergröße

Zu Beginn der ersten Folge der achten Staffel steht Rick Grimes (Andrew Lincoln), ein ehemaliger Sheriff und die einzige Zentralfigur, auf deren Überleben man Geld wetten würde, auf einer Lasterpritsche und hält eine Rede vor einer Truppe Kämpfer, die bislang nur ihren eigenen Kleingemeinschaften gegenüber loyal waren. Die pathetischen Worte vom Zusammenarbeiten und Zurückerobern der Welt, die ehrfürchtig aufschauende Kamera und Ricks psychisch halbwegs stabiler Gesamteindruck sollen den zuletzt unzufriedenen Fans klarmachen: Ein Neuanfang steht an. Dies ist schon fast ein Abraham-Lincoln-vor-der-Schlacht-von-Gettysburg-Moment. Den hat „The Walking Dead“ auch bitter nötig.

Nachdem die Zombies dank der Kampfroutine der Überlebenden auf der Bedrohlichkeitsskala weit abgesackt waren, von entfesselter Höllengewalt zur Bettwanze in Übergröße, musste die Serie anderweitig Spannung aufbauen. Zum einen geschah das durch gruppendynamische Prozesse, die leider bis heute oft dem Beziehungskladderadatsch von Seifenopern ähneln. Zum anderen wurden nun weitere Gruppen Überlebender zur größten Gefahr. Auch nach dem Weltende bleibt der Mensch des Menschen ärgster Wolf.

Schlächter und Kannibalen

Man kann die Seriendramaturgie auch so beschreiben: eine Spiralfeder aus Ungeduld, Misstrauen, Wut und Hass, die durch ständige Begegnungen einer Überlebendenschar mit diversen anderen enger zusammengedrückt wird. Anfangs ist Ricks Truppe vor allem Menschen begegnet, deren Überlebenstechniken nicht ausreichten, deren hehre Ideale unnötige Gefahren heraufbeschworen. Dann kamen jene Täuscher, Fallensteller, Schlächter und Kannibalen, die Rick zur Haltung brachten: Fremde sind Feinde, bis das Gegenteil bewiesen ist.

Mit dem Clan der Saviors und dessen soziopathischem Anführer Negan (Jeffrey Dean Morgan), der neckischen Sarkasmus mit brutaler Gewalt kombiniert, bestätigten die Serienmacher in Staffel 6 und 7 Ricks paranoid gewordene Weltsicht. Negan ist das pure Böse, mit ihm kann es keine Kompromisse, keine Kooperation geben. Er zerstört früher oder später auch die, die sich ihm unterwerfen.

Angst und Hass

Das ließ sich als konservative Wende deuten, als Spiegelung einer Nation, die sich von Donald Trump mehr Abschottung gegenüber allen anderen Kulturen und mehr Härte gegenüber Feinden versprach. Aber es war dramaturgisch auch sehr unergiebig. Ricks Schar musste stets ein wenig gewinnen, um weiterleben zu können, und viel verlieren, um Angst und Hass und die Konzentration auf den jeweiligen Gegner bewahren zu können.

Der Auftakt der achten Staffel scheint Rick und Gefährten nun wieder – trotz groß angelegter Kampfszenen – mit der Pflicht des Aufbauens vertraut zu machen, mit staatsmännischem Denken. Aber da gibt es auch seltsame Vorblenden und Traumbilder, eigenartige Szenen, hie Idyll, da Desasterzone. Ein wenig gespannt ist man nun schon, ob die Drehbuchautoren die menschlichen Figuren vor der weiteren inneren Zombifizierung bewahren können.