80 Maßnahmen hat Frankreichs Premierminister Manuel Valls in einem „Aktionsplan gegen Radikalisierung und Terrorismus“ zusammengefasst, um möglichst frühzeitig Anzeichen einer Radikalisierung von politisch-gesellschaftlichen Ansichten zu erkennen.

Paris - Frankreichs Premier Manuel Valls hat am Montag einen 80 Maßnahmen umfassenden „Aktionsplan gegen Radikalisierung und Terrorismus“ vorgestellt. Ziel des bis 2018 jährlich 20 Millionen Euro teuren Maßnahmenpakets ist es, dem Abgleiten von immer mehr Jugendlichen in Salafismus und Dschihadismus an möglichst vielen Fronten entgegenzutreten. Fast ein Dutzend an der Ausarbeitung des Plans beteiligte Ministerien sowie Departements, Städte, Gemeinden, Vereine und religiöse Gemeinschaften sollen hierzu ihren Teil beitragen.

 

Alle Fluggastdaten werden gespeichert

Zu den Schwerpunkten des 80-Punkte-Plans zählt die Prävention. Schulen und Sportvereine sollen bereits erste Anzeichen einer Radikalisierung wahrnehmen und beizeiten angemessene Gegenmaßnahmen ergreifen. Wobei das Frühwarnsystem auch nicht-staatliche Schulen und häuslichen Unterricht erfassen soll. Jugendliche, die nach den Worten des Premiers „den Tod verherrlichende, Franzosen als Kriegsgegner ausweisende Ideologie“ bereits verinnerlicht haben, sollen besser identifiziert und kontrolliert werden. Neben einer 2014 eingerichteten Sondertelefonnummer zur Anzeige mutmaßlich gewaltbereiter Salafisten, die bereits zur Überwachung von 4600 Verdächtigen geführt hat, setzt Valls auf das zurzeit in Brüssel diskutierte Vorhaben, sämtliche Flugpassagiere des Schengenraums zu erfassen. Frankreich werde schon vorab in diesem Sommer mit der Speicherung der Fluggastdaten beginnen, kündigte der Premier an.

Nicht nur im Luftreiseverkehr soll es mehr Kontrolle geben. Wer in Frankreich Zugang zu besonders anschlagsgefährdeten Räumlichkeiten wie Atomkraftwerken oder Flughäfen hat, muss dem 80-Punkte-Plan zufolge künftig nicht mehr nur alle drei Jahre, sondern praktisch ständig mit Sicherheitsüberprüfungen rechnen. Nicht zuletzt zielt der Aktionsplan auf die Resozialisierung potenziell gewaltbereiter Islamisten. Wer als mutmaßlicher Dschihadist aus Syrien oder dem Irak nach Frankreich zurückkehrt, von der Strafjustiz aber nicht zu belangen ist, kann demnach bereits von diesem Sommer an in ein sogenanntes „Deradikalisierungszentrum“ eingewiesen werden. Ein entsprechendes Gesetz werde demnächst verabschiedet, sagte Valls. Ziel sei es, alle 13 französischen Regionen mit einer solchen Resozialisierungseinrichtung auszustatten.

Ausbau der Islamforschung

Insgesamt würden die Kapazitäten zur Betreuung sich radikalisierender Jugendlicher und ihrer Familien deutlich ausgeweitet, kündigte Valls an. Anstatt zurzeit 1600 Jugendliche und 800 Familien würden künftig doppelt so viele fachkundig begleitet. Entscheidende Hilfe im Kampf gegen Radikalisierung und Terrorismus erhofft sich Frankreichs Premier von der Wissenschaft. Aufgabe der Islamforschung soll es sein, Kriterien zu entwickeln, an Hand derer sich beurteilen lässt, ob ein Verdächtiger tatsächlich in den Dschihadismus abzugleiten droht oder schon abgeglitten ist, oder auch, ob sich reumütig gebende Syrienheimkehrer es wirklich ernst meinen.

Hatte Valls nach den Pariser Anschlägen vom 13. November noch versichert, wer sich um eine Erklärung des Terrors bemühe, leiste diesem Vorschub, plädiert der Premier nun für eine tiefgreifende Erforschung des Prozesses der Radikalisierung. Für Islamwissenschaftler, die sich den genannten Themen zuwenden, sollen Stipendien bereitgestellt werden.