Der Ehrenspielführer der Fußball-Nationalelf und des Hamburger Sportvereins wird an diesem Freitag 85 Jahre alt – und Uwe Seeler sagt zufrieden: „Ich würde alles wieder genauso machen.“

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Hamburg - Das Bild, das im Jahr 2000 zum „Sportfoto des Jahrhunderts“ gewählt wurde, es zeigt den deutschen Spielführer Uwe Seeler, wie er nach dem letztlich mit 2:4 verlorenen WM-Finale von 1966 gegen England mit gesenktem Kopf vom Rasen des Londoner Wembley-Stadions schleicht.

 

Die Aufnahme, von der es viele Jahre lang fälschlicherweise hieß, sie sei in der Halbzeit entstanden, ist gleich in mehrfacher Hinsicht eine mit Symbolcharakter. Beim Stand von 2:2 waren die Deutschen in der 101. Minute der Verlängerung durch das berühmte Wembley-Tor von Geoff Hurst, bei dem der Ball definitiv nicht hinter der Linie war, zu Unrecht in Rückstand geraten. Am Ende hatten sie verloren, doch die Haltung, mit der die DFB-Elf die Niederlage trotz des ganz faden Beigeschmacks akzeptierte, sie brachte den Deutschen den Respekt weit über die Grenzen der Fußballwelt hinaus ein.

„Zerbrochen an einem Irrtum“

„Vom Kampf gezeichnet, vom Gegner geschlagen, an einem Irrtum zerbrochen“, das schrieb der Fotograf Axel Springer junior alias Sven Simon unter sein Endspiel-Bild vom gebeugten Uwe Seeler, der doch ein aufrechter Verlierer war. „Nun ja, die Königin war im Stadion, und da wollte man ja nicht groß meckern oder Theater machen“, das sagt Uwe Seeler in dem 45-minütigen Porträt „Uwe Seeler – einer von uns“ des NDR zur unmittelbaren Aufarbeitung des WM-Endspiels von 1966. Ein Satz, der ihn als Menschen und Fußballer gut umschreibt.

„Das Schönste, was es auf der Welt gibt, ist, normal zu sein. So bin ich – und so bleibe ich“, sagt „Uns Uwe“ Seeler, der Ehrenspielführer der Fußball-Nationalelf und seines Hamburger SV, der an diesem Freitag 85 Jahre alt wird. Ursprünglich sollte es aus diesem Anlass ein privates Frühstück im kleinen Kreis geben, doch nach einem Sturz auf der Terrasse seines Hauses in Norderstedt vor den Toren Hamburgs fühlt sich Uwe Seeler noch nicht fit genug für eine größere Gesellschaft.

43 Tore in 72 Länderspielen

Auch am vergangenen Sonntag fehlte Seeler, als ehemalige Weggefährten des HSV und der Nationalelf auf die Glanzzeiten des besten Mittelstürmers von Mitte der fünfziger bis in die frühen siebziger Jahre zurückblickten, der 1972 seine aktive Laufbahn beendet hatte. Der lediglich 1,70 Meter große „Dicke“, so sein Spitzname, schoss in 72 Länderspielen für Deutschland 43 Tore, darunter der legendäre Treffer im Viertelfinale der WM 1970 in Mexiko mit dem Hinterkopf gegen England. Seeler wurde in der ruhmreichen Zeit des HSV Pokalsieger sowie deutscher Meister und holte mit den Hanseaten auch den Europapokal der Pokalsieger.

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„Ich bereue nichts – und würde alles wieder genauso machen“, sagt der Jubilar, der in seiner Karriere 406 Tore geschossen hat. Seeler war neben dem Fußball auch als Generalvertreter für Sportartikel im Zeichen der drei Streifen unterwegs. Ein Angebot von Inter Mailand, das ihm 1,2 Millionen Mark an Jahresgehalt bot, lehnte Seeler 1961 ab. „Die Italiener haben damals einen Fehler gemacht“, sagt seine Frau Ilka, die mit Seeler 62 Jahre lang verheiratet ist und drei Töchter hat: „Sie hätten auch mit mir reden sollen.“

So blieb der Stürmer dem HSV treu, wo er abgesehen von einer schwierigen Zeit als Präsident zwischen 1995 und 1998 stets wegen seiner Bodenständigkeit und Ehrlichkeit gern gesehen ist. Auch die tonnenschwere Bronzeplastik seines rechten Fußes, die vor dem Volksparkstadion steht, macht ihn bereits zu Lebzeiten zu einer Legende.