Findige Bürger haben 1929 in Murrhardt-Fornsbach den Waldsee angelegt – um Touristen zu ködern. Die Gäste pilgern bis heute aus nah und fern zu dem See im Rems-Murr-Kreis.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Murrhardt - Tagesgäste aus Stuttgart sind schon vor gut 100 Jahren in den Schwäbischen Wald gepilgert. Viele Ausflügler sind damals mit der Bahn bis nach Fornsbach gereist – haben den kleinen Ort, der seit 1971 zu Murrhardt gehört, aber links liegen gelassen. Die Städter sind zum Ebnisee bei Kaisersbach marschiert. Einzig das Gasthaus Rose beim Fornsbacher Bahnhof profitierte ein klein wenig von den Fremden, die vor der Heimreise nach Stuttgart ein Glas Most oder Bier bestellten. Bei der Stippvisite schwärmten die ersten Touristen dann vom idyllisch im Wald gelegenen Ebnisee.

 

Das brachte 32 findige Fornsbacher Bürger auf eine Idee. Diese Pioniere des Fremdenverkehrs im Flecken gründeten einen Bürgerverein und beschlossen, einen Stausee mitten im Wald anzulegen. Für dieses Vorhaben wählten sie ein sumpfiges Gelände etwa einen Kilometer außerhalb des Dorfes, wo bereits im 14. Jahrhundert ein später versandetes Gewässer zum Holzflößen bestand. Jedes Vereinsmitglied zeichnete einen unverzinslichen Anteilsschein in Höhe von 50 Reichsmark.

Der Campingplatz am See in Fornsbach ist beliebt bei Familien mit Kindern

Einige Mitglieder gründeten die Seegesellschaft, den finanziellen Träger des Waldsees und der Gaststätte am Ufer. Nach der rekordverdächtigen Bauzeit von lediglich rund neun Monaten waren die Arbeiten erledigt. Im Ort erzählt man sich noch heute, dass ein Großteil der Bevölkerung mitgeholfen habe beim Bau. An Pfingsten 1929 wurde der Waldsee dann mit einem großen Fest eingeweiht. Der erste Pächter des Waldsees war Johann Herrmann, der im Ort schon eine Pension betrieb.

Der Bürgerverein und die Seegesellschaft auf der einen Seite sowie die Gemeindeverwaltung auf der anderen Seite waren sich damals nicht immer grün. Der Schultes habe willkürlich eine Vergnügungssteuer angesetzt, diese hemme die Entwicklung des Fremdenverkehrs, hieß es in einem Protestschreiben des Vereins an das Oberamt Backnang. Doch trotz dieses Ärgers entwickelte sich der schmucke Waldsee zu einer kleinen Attraktion. Werbeprospekte wurden gedruckt und verteilt. An einem strahlend schönen Sommertag seien auf dem Parkplatz am See 800 Fahrräder gezählt worden, heißt es in alten Dokumenten.

Heute tummeln sich speziell während der Sommerferien rund um den Waldsee die Gäste aus nah und fern. Außer den Besuchern aus Murrhardt und dem Raum Stuttgart kommen seit einiger Zeit verstärkt auch Touristen aus dem Ausland zum Campingurlaub nach Fornsbach, etwa aus Holland. Der idyllisch gelegene Campingplatz biete Familien mit Kindern ein besonderes Naturerlebnis.

Flachwasserzone mit Sandstrand

Der Waldsee ist längst gut erschlossen, auch Rollstuhlfahrer kommen problemlos ins Wasser. Es gibt einen Minigolfplatz, einen Imbiss und das Kulinarium. 2001 wurde an der Flachwasserzone ein Sandstrand angelegt. Seit 1929 haben die Stadt, die Region und die Europäische Union viel Geld ausgegeben für das Naherholungsgebiet. Der Murrhardter Bürgermeister Armin Mößner sagt: „Es wird auch in Zukunft Aufgabe und Pflicht sein, dem Pioniergeist der Waldseeväter zu folgen.“