Im Februar starb Philip Seymour Hoffman an einer Überdosis Heroin. Jetzt kommt sein letzter Film in die Kinos. "A Most Wanted Man" ist ein Meisterwerk.

Im Februar starb Philip Seymour Hoffman an einer Überdosis Heroin. Jetzt kommt sein letzter Film in die Kinos. "A Most Wanted Man" ist ein Meisterwerk.

 

Los Angeles - Ein Mann allein ist Grund genug, den Spionagethriller „A Most Wanted Man“ zu sehen. Oscar-Preisträger Philip Seymour Hoffman („Capote“) liefert in seiner letzten Hauptrolle ein meisterhaftes Porträt eines deutschen Spions ab. Anfang Februar war das amerikanische Schauspielgenie im Alter von 46 Jahren an einer Überdosis Drogen gestorben.

Als der kettenrauchende, Whisky-trinkende Geheimdienstler Günther Bachmann, der in Hamburg eine Terroristen-Fahndungseinheit leitet, ist Hoffman schauspielerisch in Bestform.

Es gibt zig Gründe, die Verfilmung des intelligenten und politisch brisanten Romans „A Most Wanted Man“ (dt. Titel: „Marionetten“) des britischen Schriftstellers John le Carré zu sehen. Der 82-jährige le Carré ist ein Meister seines Fachs, wie er schon vor fünfzig Jahren mit dem Bestseller „Der Spion, der aus der Kälte kam“ bewies. Er dachte sich ebenso den desillusionierten Meisterspion George Smiley aus, der an der skrupellosen Realität seiner Branche leidet. Mit „Dame, König, As, Spion“ wurde auch diese Geschichte zum großen Kinoerlebnis.

Charakterstudie ohne Actionszenen

Auch wenn es um Agenten, Waffen und Terroristen geht, so sind die Geschichten von le Carré Charakterstudien um Lügen, Verrat und Moral. „A Most Wanted Man“ hat nichts mit Agenten-Action im explosiven Stil von James Bond oder Jason Bourne zu tun. Die Spannung liegt vielmehr in den Dialogen und dem vielschichtigen Plot um Terrorfahndung und die Intrigen der Geheimdienste.

Der junge Muslim Issa Karpov (Grigori Dobrygin), halb Tschetschene, halb Russe, kommt als illegaler Flüchtling nach Hamburg. Er wirkt halbtot, von Folter und Haft gezeichnet. Ist er ein extremistischer Fanatiker oder ein unschuldiges Opfer?

Was hat es mit den Millionen seines Vaters auf einem privaten Bankkonto auf sich? Wie kommt er in Hamburg an Papiere? Issa gerät sofort ins Visier verschiedener Geheimdienste. Soll man ihn schnell verhaften? Oder könnte er als Köder dienen, um einen wichtigen Drahtzieher, der Terrorgruppen Gelder zuschleust, zu schnappen.

An Philip Seymour Hoffmans Seite tritt eine internationale Starbesetzung in Aktion. Willem Dafoe spielt den geschliffenen Banker, Robin Wright eine berechnende amerikanische Agentin, Rachel McAdams ist die idealistische Menschenrechtsanwältin.

Hoss, Brühl und Grönemeyer spielen mit

Wichtige Rollen fallen auch der deutschen Topriege zu. Nina Hoss („Barbara“) ist die kühle, aber treu ergebende Assistentin des von Hoffman gespielten Günther Bachmann. Daniel Brühl („Rush - Alles für den Sieg“) ist ein weiterer Helfer in dessen Spionageeinheit. Auch die „Tatort“- Darsteller Martin Wuttke und Rainer Bock spielen mit. Herbert Grönemeyer, der die Filmmusik liefert, tritt ebenfalls vor die Kamera.

Hinter der Kamera steht der niederländische Star-Fotograf Anton Corbijn, der zuvor das Musikerdrama „Control“ (2007) und „The American“ (2010, mit George Clooney als alternder Auftragskiller) inszenierte. Die meisten Szenen wurden in Hamburg gedreht, die Stadt, in der die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 geplant wurden. Corbijn hat das richtige Auge für atmosphärische Gegensätze, vom düsteren Hafenviertel bis in die Bar des feinen Hamburger Hotels Atlantic.

Le Carré weiß, wovon er schreibt. Vor seiner Karriere als Romanautor war er selbst mehrere Jahre für den britischen Geheimdienst im Einsatz. In seinen Büchern kommt die Agentenarbeit schlecht weg. Lügen, Betrug und Manipulation bringen auch „A Most Wanted Man“ zu einem dramatischen Ende. „Wir wollen die Welt sicherer machen. Ist das nicht genug?“, sagt Hoffman’s Günther Bachmann, mit einer gehörigen Portion Sarkasmus in der Stimme.

Als ausführender Produzent mischte le Carré bei der Verfilmung mit. Hoffman war seine Wunschbesetzung für die Hauptrolle, schrieb er im Juli in einem Artikel in der „New York Times“. „Kein Schauspieler hat je so einen Eindruck auf mich gemacht, wie Philip bei unserer ersten Begegnung: nicht Richard Burton, nicht Burt Lancaster, nicht einmal Alec Guinness“, erklärte le Carré. „Wir werden lange auf einen anderen Philip warten müssen“, trauerte der Autor dem verstorbenen Schauspieler nach.

Zum Glück gibt es „A Most Wanted Man“ als Krönung von Hoffmans genialem Lebenswerk.