Lilli und Wolfgang Häfelin sind anno 1959 mit einem VW Käfer von Kapstadt nach Kairo gefahren. Zwei Jahre lang hatten sie die Reise geplant, und dennoch mussten sie viele Abenteuer bestehen. Die schlimmste Nacht verlebten sie im Kongo.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Wolfgang Häfelin war 20 Jahre alt, als er Anfang des Jahres 1953 – vor 60 Jahren – nach Kapstadt ging. Er war gelernter Lithograf und Drucker und hatte von einem Freund erfahren, dass in Südafrika Menschen mit seinen Kenntnissen gesucht werden. Seine spätere Frau Lilli kannte er damals nur flüchtig. Doch die beiden blieben in Kontakt. „Er hat mir immer so nette Briefe geschrieben“, sagt Lilli Häfelin und lacht.

 

Ihr Vater wollte, dass sie bei einem Pfarrer in Schottland ihr Englisch verbessert. Doch dem konnte die junge Frau nichts abgewinnen. Also beschloss sie statt auf die Insel nach Afrika zu gehen. Auf einem norwegischen Frachter folgte sie ihrem Brieffreund nach Kapstadt. Aus der Brieffreundschaft wurde schnell mehr. Die beiden zogen zusammen. Und weil das ohne Heiratsurkunde auch in Südafrika unschicklich war, traten sie 1955 in Kapstadt vor den Altar.

Lilli Häfelin ging vormittags aufs College und lernte englische Kurzschrift. Nachmittags arbeitete sie als Sekretärin. „Wir verdienten beide sehr gut“, sagt sie. Im Sommer 1957 fassten sie den Entschluss, nach Stuttgart zurückzukehren. Doch nicht einfach mit dem Flieger oder dem Schiff, sondern mit dem Auto quer durch Afrika. Zwei Jahre lang planten sie die Reise. „Die Route musste genau ausgekundschaftet werden“, sagt Wolfgang Häfelin und tippt auf einen Wälzer mit dem Titel „Trans-African Highways“. Dieser sei während der Reise ihr wichtigster Begleiter gewesen, sagt der 80-Jährige. Das Buch besteht zum größten Teil aus Straßenkarten, in denen verzeichnet ist, wo es beispielsweise frisches Wasser oder Benzin gibt.

Außerdem musste das junge Paar für viele Länder, die es auf seinem Weg durchquerte, ein Visum beantragen. „Das dauerte. Zu jener Zeit ging bei den Behörden alles noch ein wenig langsamer. Und in Afrika erst recht“, sagt Wolfgang Häfelin. Darüber hinaus mussten Mitstreiter gefunden werden. Denn wenn man Afrika durchqueren will, muss man im Konvoi fahren. „Ursprünglich wollten sieben Autos die Reise wagen. Doch letztlich gingen nur zwei an den Start“, erinnert sich die ebenfalls 80-jährige Lilli Häfelin. Apropos Auto, das brauchten die beiden natürlich auch noch. Doch sie kauften keinen geländegängigen Jeep, sondern einen Käfer.

Zu wenig Bodenfreiheit

Später bereuten sie diese Entscheidung hin und wieder. Denn der kleine VW ist für eine Fahrt durch die Wüste nicht wirklich geeignet. „Er hatte viel zu wenig Bodenfreiheit. Wir blieben ständig im Sand stecken“, sagt Wolfgang Häfelin. Um sein Auto ein bisschen besser kennenzulernen, hatte er vor dem Beginn der Reise einige Wochen in einer Kfz-Werkstatt gearbeitet. Viel gebracht habe das aber nicht, muss er heute zugeben. „Als ich in der Werkstatt war, war es unter der Motorhaube sauber. Nachdem wir einen Tag durch die Wüste gefahren waren, war alles voll Sand und es sah komplett anders aus“, sagt er.

Zum Glück ging alles gut. Auch wenn sie immer nur langsam vorankamen. Einhundert Kilometer in zwölf Stunden, das war das Maximum. Zwischendurch musste das Ehepaar immer mal wieder die auf das Dach gebundene Leiter auspacken. Diese wurde dann vor die Räder des Wagens gelegt, von hinten wurde geschoben, von vorne gezogen, um den Käfer wieder aus dem Sand zu bekommen. Meistens übernachteten die Häfelins im Auto. Die Rücksitze waren sowieso ausgebaut, um Stauraum für das Gepäck zu schaffen. Um Platz zum Schlafen zu haben, schraubte Wolfgang Häfelin jeden Abend das Lenkrad ab. Gemütlich war es aber freilich trotzdem nicht.

Ob sie auf ihrer Reise auch mal Angst hatten? „Oh ja“, antwortet Lilli Häfelin. Die schlimmste Nacht habe sie im Kongo erlebt. Und das, obwohl das Paar an diesem Abend sogar eine kleine Hütte zum Übernachten hatte. Doch in der Nacht zog ein starkes Gewitter auf. Und immer wenn es blitzte, sahen die jungen Eheleute vor den Fenstern die Köpfe der Gorillas, die neugierig durch die Glasscheiben schauten. „Es war schrecklich“, seufzt Lilli Häfelin.

Immer im Zeitplan

Ans Aufgeben haben dennoch weder sie noch ihr Mann je gedacht. „Es war wie ein Fieber. Die Abenteuerlust trieb uns immer weiter“, sagt Wolfgang Häfelin. Es habe auch nie größere Probleme gegeben. „Der Wagen lief und wir waren immer im Zeitplan“, ergänzt er. Und es waren die Begegnungen mit vielen netten Menschen, die einmaligen Erfahrungen, die sie zur Weiterfahrt animierten. In einer Stadt irgendwo in Afrika durften sie sich als erste ins Goldene Buch eintragen. Und als das Paar in der ägyptischen Wüste einen Beduinen fragte, ob das der Weg nach Kairo sei, antwortete dieser: „Kairo? Nie gehört!“

Die Häfelins erreichten trotzdem wenige Tage später die Hauptstadt und setzten mit der Fähre über. Das Abenteuer war so gut wie geschafft. Am 12. September 1959 waren sie in Kapstadt gestartet. Kurz vor Weihnachten 1959 kamen sie in Stuttgart an. Doch es sollte noch lang dauern, bis sie sich in Vaihingen wieder zu Hause fühlten.

„Ich habe mich geweigert, neue Betten zu kaufen. Ich wollte zurück nach Afrika“, sagt Lilli Häfelin. Doch bald hatte sie der deutsche Alltag wieder. Der Käfer wurde verkauft. „Es hat mir weh getan. Aber wir hatten keine Verwendung mehr für so ein Auto“, sagt Wolfgang Häfelin. Dem schwarzen Kontinent blieb das Ehepaar trotzdem treu. Viele Urlaubsreisen führten sie nach Afrika. Doch so wie damals war es nie mehr. „Anno 1959 waren wir allein im Tal der Könige. Heute tummeln sich dort Menschenmassen“, nennt Häfelin ein Beispiel.