Die AfD will nächste Woche den Neujahrsempfang im Kreis Ludwigsburg abhalten. In Marbach hat sie 2018 eine Abfuhr bekommen, in Besigheim hat die Stadt die Erlaubnis zurückgezogen. Die AfD erwägt eine Klage.

Kreis Ludwigsburg - Die beschauliche Weinbaustadt Besigheim mit knapp 12 000 Einwohnern zwischen Neckar- und Enzschleife ist selten der Ort großer politischer Kontroversen. Doch nun könnten am nächsten Mittwoch mehrere Hundert politische Aktivisten aufmarschieren. Denn die Alternative für Deutschland (AfD) plant in der Alten Kelter ihren Neujahrsempfang für den Kreis Ludwigsburg. Grüne und SPD haben bereits eine Gegendemonstration angekündigt. Doch ob der Termin stattfindet, ist noch längst nicht sicher.

 

Denn der Bürgermeister Steffen Bühler, CDU, hat die schon Ende 2018 erteilte Genehmigung der Veranstaltung wieder zurückgezogen. „Wir fühlen uns von der AfD hintergangen“, sagt er. Die Partei habe erst eine private Anfrage gestartet, um zu erfahren, ob die zu einer Veranstaltungshalle mit 500 Plätzen umgebaute Alte Kelter am 23. Januar frei sei. „Erst im Verlauf des Gesprächs wurde klar, dass es sich um die AfD handelte“, sagt der Rathauschef.

Aus „interner Parteitagung“ wird öffentlicher Neujahrsempfang

Es sei von einer „internen Parteitagung“ die Rede gewesen. Dem wollte man sich nicht verweigern. Schließlich haben die Grünen und die CDU auch schon dort getagt, etwa mit einer Versammlung mit Wolfgang Schäuble. Erst vor Kurzem sei die Stadt auf die Werbung für die Veranstaltung aufmerksam geworden: eine öffentliche Versammlung mit den örtlichen AfD-Abgeordneten Martin Hess und Marc Jongen sowie dem Physiker und AfD-Abgeordneten Gottfried Curio, mithin der offizielle Neujahrsempfang der Kreispartei.

Daraufhin hat Bühler die Notbremse gezogen. Er beruft sich auf zwei Passagen der Benutzungsordnung: Demnach darf der Mietvertrag aufgelöst werden, wenn der Veranstalter die Stadt über den Inhalt getäuscht hat. Und wenn die Sicherheit gefährdet ist. Das befürchtet der Bürgermeister: „Wenn hier eine Hundertschaft der Polizei aufmarschieren muss, ist unsere kleine Stadt nicht der richtige Schauplatz.“ Tatsächlich wollen Grüne und SPD demonstrieren. Bei früheren AfD-Terminen in Ludwigsburg marschierten auch Antifa-Aktivisten auf.

AfD-Kreisverband weist die Vorwürfe zurück

Die AfD stellt den Vorgang anders da. „Wir haben von Anfang an einen Neujahrsempfang angemeldet“, erklärt der Kreisvorsitzende Gottfried Minnich. Dass man vorab „privat“ die Verfügbarkeit abfrage, sei üblich, weil viele Kommunen sonst einfach erklären, es sei alles ausgebucht.

Der AfD-Kreischef räumt allerdings ein, dass zunächst eine interne Veranstaltung geplant gewesen sei, nur für Parteimitglieder. Doch dann habe der bundesweit bekannte AfD-Politiker Gottfried Curio zugesagt. „Damit war klar, dass auch andere Interessierte und die Presse kommen“, sagt Minnich. Über 200 Teilnehmer hätten sich angemeldet. Die Absage der Stadt kann er nicht nachvollziehen: „Wir sind eine demokratische Partei. Für Beschädigungen der Halle oder Gewalt sind die Gegendemonstrationen verantwortlich, das sind Anarchisten.“

Man habe sechs Security-Kräfte und weitere sechs Saalordner bestellt. Die Kreispartei halte sich rechtliche Schritte gegen die Absage der Veranstaltung offen, sagt Minnich. Die hätten durchaus Aussicht auf Erfolg, wie selbst der Besigheimer Bürgermeister Bühler einräumen muss: „Die Rechtsprechung fällt in solchen Fällen meist zugunsten der AfD aus.“

In Marbach wird die AfD wieder ausgeladen

Schon in Marbach war die AfD vergangenes Jahr abgeblitzt: Im Restaurant Schillerhöhe wollte man die Rechtspartei nicht zu Gast haben. „Ich habe da keine Erfahrungen und will es auch nicht ausprobieren“, begründete der Inhaber Armin Jäger. Bei der Weingärtnergenossenschaft hatte die AfD bereits einen Vertrag für den Neujahrsempfang, den der Vorsitzende Matthias Hammer wieder aufgelöst hat: Die Partei habe sich unter falschem Namen gemeldet. Nun erhält Partei also auch in Besigheim eine Abfuhr – und sucht nach Alternativen.

In Besigheim gibt es in Richtung Rathaus auch kritische Stimmen. „Ich habe den Eindruck, dass der Bürgermeister Steffen Bühler erst unter Druck von Grünen und SPD die Genehmigung zurückgezogen hat“, sagt Anne Posthoff, Mitglied der Grünen. Auch hat der Caterer der Alten Kelter, der Gasthof Hirsch, sich geweigert, bei der AfD-Veranstaltung zu bewirten.

Selbst wenn die AfD in letzter Sekunde in eine andere Kommune ausweicht, erwägt sie noch eine Klage im Nachhinein. „Wir sind keine Rechtsradikalen“, sagt der Kreisvorsitzende Gottfried Minnich, „wir haben das Recht, Veranstaltungen abzuhalten. Wir werden diskriminiert.“