Nach nur zwölf Tagen nimmt der Landtag in Stuttgart die ihrerseits eiligst beschlossene Neuregelung der Abgeordnetenversorgung zurück. Das ist rekordverdächtig. Aber echte Reue lässt allenfalls Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz erkennen.

Stuttgart - Bei der SPD regt sich keine Hand, als Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz das Rednerpult im Plenarsaal verlässt. Auch in den Reihen der CDU berühren sich nur vereinzelt flüchtig die Handflächen. Der schlaksige Grüne hatte sich gerade für den Versuch entschuldigt, in einem Blitzverfahren den Abgeordneten zu einer deutlich besseren Altersversorgung zu verhelfen. „Viele, auch wir fragen uns, wie uns solch schwerwiegende Fehler unterlaufen konnten“, sagt Schwarz. „Wir haben das Empfinden der Bürgerinnen und Bürger ausgeblendet. Das war ein Fehler, das tut uns leid.“

 

Gerade einmal zwölf Tage ist es her, darauf wird in den Debattenbeiträgen immer wieder hingewiesen, dass die Abgeordneten mit den Stimmen von Grünen und CDU sowie der SPD die Neuregelung im Parlament beschlossen haben. Nun bringen sie ein neues Gesetz auf den Weg, um das alte Gesetz wieder aufzuheben. Sie reagieren damit auf den Proteststurm, den die optionale Rückkehr zur Staatspension ausgelöst hatte. Hingegen halten sie an der Verdoppelung der monatlichen Budgets für Abgeordnetenmitarbeiter von 5409 Euro auf 10 438 Euro ebenso fest wie an der Erhöhung der steuerfreien Kostenpauschale von 1548 Euro auf 2160 Euro.

Rülke: Abgeordnete sind keine Beamte

Die Rückkehr zur Staatspension war nicht zuletzt deshalb auf Kritik gestoßen, weil sie im Zuge der Parlamentsreform 2008 sehr bewusst abgeschafft worden war. Die Abgeordneten wollten sich der Lebenswirklichkeit ihrer Wähler annähern und erklärten sich zur Privatvorsorge bereit. Dafür erhielten zusätzlich zur Grunddiät von inzwischen 7616 Euro einen Beitrag in Höhe von nunmehr 1679 Euro, der nach Steuerabzug dem Höchstbetrag für die gesetzliche Rentenversicherung entspricht. Die jetzt fürs Erste zurückgezogene Regelung sah für die Abgeordneten eine wahlweise Rückkehr zur Staatspension vor, die deutlich attraktiver ist. Im Durchschnitt gehört ein Abgeordneter 13 Jahre dem Landtag an. Zahlt er regelmäßig den Höchstsatz von 1187 Euro in die gesetzliche Rentenversicherung ein, erwirtschaftet er in diesem Zeitraum eine Rente in Höhe von monatlich 813 Euro, mit der staatlichen Versorgung erzielt er 2475 Euro.

Nun soll eine Expertenkommission Empfehlungen für die Altersversorgung der Abgeordneten erarbeiten. Für FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke ist klar: eine Staatspension kommt nicht in Betracht. Denn: „Abgeordnete sind keine Beamte.“ Wenn die Politik den Bürgern zumute, private Vorsorge aus dem aus dem Einkommen zu leisten, dann gebe es für die Abgeordneten kein zurück zur staatlichen Alimentierung. Es handle sich um eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Stoch: Fundamentales Gleichbehandlungsproblem

Demgegenüber erkennt SPD-Fraktionschef Andreas Stoch ein „fundamentales Gleichbehandlungsproblem“ innerhalb des Landtags: Es resultiere daraus, dass Abgeordnete, die schon vor der Reform im Parlament saßen, die höheren Diäten erhalten, zugleich aber die alte Pensionsregelung beanspruchen können. Stoch streicht auch unter Verweis auf Artikel 48 den Amtscharakter des Mandats heraus, was auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung inkludiere.

CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart weist den Vorwurf der Selbstbedienung zurück, räumt aber ein intransparentes Vorgehen ein. Angesichts steigender Anforderungen und einer 70-Stunden-Woche verdienten die Parlamentarier angemessene Ressourcen.

Der AfD-Abgeordnete Rainer Podeswa möchte auch die Kostenpauschale und das Mitarbeiterbudget von der Expertenkommission prüfen lassen. Deren Zusammensetzung und Auftrag soll in den nächsten Wochen festgelegt werden. Wer über diese Fragen befindet, hat auch Einfluss auf das Ergebnis, das am Ende herauskommt.