DGB-Vizechefin Gabriele Frenzer-Wolf kritisiert die Pläne des baden-württembergischen Landtags, zum 1. Dezember dem Versorgungswerk von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg beizutreten. Es sei von der Lebensrealität der meisten Menschen weit entfernt.

Stuttgart - Kurz vor der Neuregelung der Abgeordnetenversorgung wächst die Kritik an dem geplanten Beitritt des Landtags zum Versorgungswerk der Abgeordneten von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Am 6. November entscheiden die baden-württembergischen Abgeordneten über einen entsprechenden Antrag von Grünen, CDU und SPD. Damit werde den Parlamentariern eine angemessene und ihre Unabhängigkeit sichernde Versorgung garantiert, so die Befürworter.

 

Das sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) anders. „Der Beitritt zum Versorgungswerk schafft Fakten, die es für künftige Landtage schwer machen, die Altersvorsorge neu und bürgernah zu regeln“, kritisierte DGB-Landesvize Gabriele Frenzer-Wolf am Donnerstag. „So tauschen die Abgeordneten das bisher geltende, hoch privilegierte Versorgungsmodell gegen ein anderes, das ebenfalls von der Lebensrealität der allermeisten Beschäftigten abgekoppelt ist.“ Statt sich selbst zu bevorzugen, sollten die Mitglieder des Landtages mit einem Bekenntnis zur gesetzlichen Rente mit gutem Beispiel vorangehen, forderte Frenzer-Wolf, die der 2017 vom Landtag eingesetzten Expertenkommission für die Altersversorgung angehörte.

Online-Petition gegen Änderung

Auch der Tübinger Politikwissenschaftler Jörg Tremmel, ebenfalls Mitglied der Kommission, fordert, das jetzige System beizubehalten. „Das derzeit in Baden-Württemberg existierende System des Eigenvorsorgebeitrags ist das einzige rechtlich mögliche Modell, bei dem Abgeordnete freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen können und dann im gleichen Boot sitzen wie die große Mehrheit der Bevölkerung“, heißt es in der von ihm mitinitiierten Online-Petition.

Derzeit erhalten die Abgeordneten im Südwesten monatlich 1805 Euro für die Altersvorsorge. Welche Form sie wählen, bleibt ihnen überlassen. Bei einem Beitritt zum Versorgungswerk würden von den 1805 Euro 1246,20 Euro als Pflichtbeitrag an das Versorgungswerk gezahlt. Die verbleibenden 560 Euro könnten sie freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, heißt es im Landtag. Die geplante Regelung ist verbindlich für alle künftigen Abgeordneten, die jetzigen können bei ihren bisherigen Versicherungen bleiben. 17 der 143 Abgeordneten sind derzeit bei der Deutschen Rentenversicherung versichert.

Staatspension 2008 abgeschafft

Ursprünglich wollten die Abgeordneten 2017 zu der 2008 abgeschafften Staatspension zurückkehren, zogen das Gesetz nach öffentlicher Kritik aber wieder zurück und beauftragten eine Expertenkommission sowie ein Bürgerforum damit, Vorschläge zu machen. Während bei den zehn Experten das Versorgungswerk großen Zuspruch erhielt, plädierten die 25 Teilnehmer des Bürgerforums einstimmig für eine Bürger-Rentenversicherung. Ein Abgeordneten-Versorgungswerk wurde nur als Übergangslösung positiv bewertet.