Bei Youtube und Facebook, schimpft der ARD-Vorsitzende Ulkrich Wilhelm, stünden Nachrichten, gefälschte Inhalte und Propaganda unterschiedslos auf einer Ebene. Und er will das nicht länger hinnehmen.

München - Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm setzt sich für ein europäisches Youtube ein. Notwendig sei „eine Plattform, auf der sich die Wertvorstellungen Europas stärker widerspiegeln“ als bei den US-Anbietern Facebook und Youtube. „Algorithmen wurzeln stets im Politischen und Kulturellen“, sagte Wilhelm dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Wir sollten das, was wir in Europa für den öffentlichen Raum an Zielen formuliert haben, auch im digitalen öffentlichen Raum verwirklichen.“ Der ARD-Vorsitzende wirbt seit einiger Zeit für dieses Projekt, auf dessen Realisierungsprobleme der Intendant des Deutschlandradios, Stefan Raue, im Interview mit unserer Zeitung allerdings bereits hingewiesen hat.

 

In Europa gebe es „aus gutem Grund einen starken Schutz vor Positionen, die die Menschenwürde mit Füßen treten“, sagte Wilhelm. Die europäische digitale Infrastruktur, die er sich vorstelle, gehe weit über eine Supermediathek hinaus. Sie solle „qualitativ gute Inhalte von Medien, Verlagen, Museen, Bildungseinrichtungen, Universitäten“ bieten und Elemente von Youtube und Facebook vereinen.

Vermengung von Fakten und Propaganda

Bei den US-Plattformen bewegten sich Fakten, gefälschte Inhalte und Propaganda unterschiedslos auf einer Ebene, sagte der ARD-Vorsitzende. Für den Nutzer sei es gar nicht mehr möglich, zu unterscheiden, „was von wem kommt“. Es gehe auch darum, den Datenschutz, den Schutz der Privatsphäre und den Erhalt der kreativen Leistungsfähigkeit zu bewahren. Europäische Unternehmen könnten ihre Geschäftsmodelle in den US-amerikanischen Netzwerken kaum umsetzen.

Die Plattformanbieter hätten eine „vollständige Kontrolle über die Algorithmen, also die Verfahren, wie Inhalte bewertet, vorsortiert und den Nutzern empfohlen werden“. Derzeit geschehe dies nach dem Prinzip „je emotionaler, je zugespitzter der Inhalt, desto besser“. Damit würden Polarisierung und Radikalisierung befördert.

Riesiger Vorsprung der Amerikaner

Wilhelm sagte, für eine solche Plattform wäre eine politische Initiative notwendig. Die Inhalte-Anbieter könnten das nicht allein umsetzen. In der Politik gebe es „eine große Einigkeit, dass Europa ein Gegengewicht zu den amerikanischen Monopolanbietern braucht“. Es komme nicht von ungefähr, dass es bisher keinem Start-up in Europa gelungen sei, „auch nur annähend ein Gegengewicht zu schaffen, weil der Marktvorsprung und die Kapitalkraft der Amerikaner riesig sind“.