Die Abbrucharbeiten an der Brücke über den Esslinger Altstadtring ziehen sich deutlich länger hin. Das war ganz anders geplant.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Damit hatte niemand gerechnet. Der Abbruch des Stegs zur Esslinger Frauenkirche hat sich deutlich länger hingezogen als geplant. Möglicherweise erst im Lauf des Montags wird die Sperrung auf dem Esslinger Altstadtring aufgehoben werden können. Ursprünglich hatte die Stadtverwaltung das Ende der Sperrung für den späten Samstag angekündigt.

 

Vor Beginn der Arbeiten hatte es sogar noch viel optimistischer geklungen. Da hatte Ramazan Balci vom für den Abriss verantwortlichen Ingenieurbüro Werner & Balci angestrebt, bereits am Samstag nur noch die restlichen Aufräumarbeiten ohne Straßensperrung erledigen zu können. Zunächst sah es auch gut aus. Die Holztreppe hinauf zum Spannbetonsteg erwies sich als erwartet morsch und war am Freitag innerhalb von wenigen Minuten verschwunden. Doch der Steg zur Frauenkirche selber hatte es in sich. Bereits am Freitag war klar, dass aus einem schnellen Abbruch nichts werden konnte. Denn die Brücke wehrte sich nach Kräften gegen ihren Abriss. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Ingenieure beim Bau des Stegs im Jahr 1973 alle damals verfügbaren Stahlseile im Beton versenkt haben. In zeitraubender Kleinarbeit musste sich das Abbruchunternehmen zentimeterweise voranarbeiten. Erst am Samstag gegen 14 Uhr war die Verbindungsbrücke über den Altstadtring Geschichte.

Die Brücke hätte wohl noch sehr lange gehalten

Damit sind die Arbeiten aber noch längst nicht beendet. Denn der Spannstahl ist in einem viel besseren Zustand als zunächst erwartet. Voraussichtlich wird es bis in den Montag hinein dauern, bis die Brücke in abtransportierbare Einzelteile zerlegt und der Altstadtring von den Spuren der Baustelle befreit ist. Mit zwei großen Meißelbaggern und einem kleineren Bagger machen sich die Mitarbeiter des Abbruchunternehmens an die zeitraubende Arbeit. Erst danach kann der Straßenabschnitt wieder für den Verkehr freigegeben werden. Zahlreiche Zaungäste verfolgten die Abbrucharbeiten. „Die Brücke soll baufällig gewesen sein?“ fragte einer von ihnen. Da müsse er nur lachen. Diese Brücke hätte noch 100 Jahre gehalten, sagte er und erntete zustimmendes Kopfnicken.

Kein gewöhnlicher Auftrag für den Ingenieur

Für Balci selber ist der Abriss weit mehr als ein gewöhnlicher Auftrag gewesen. Er hat an diesem Tag auch ein Stück seiner eigenen Geschichte zerstört. Denn vor 37 Jahren, erzählt er, sei er als Kind jeden Tag über den Steg an der Frauenkirche zur Schule gelaufen. Seinen Kindern ist diese Möglichkeit nun verwehrt.

Der Abriss war dennoch, davon ist Regine Zunker von der Stadtverwaltung überzeugt, überfällig. Bereits seit mehr als acht Jahren war der Steg für Fußgänger gesperrt. Seit dem Winter 2009/2010 durfte kein Passant den Altstadtring auf diesem Weg mehr queren, weil der Beton angeblich bröckelte und die Holztreppe als nicht mehr verkehrssicher galt. Als Ausweichmöglichkeit gibt es zwei Unterführungen, die zwar auch nicht gerade einladend wirken, ihren Zweck als Querungsmöglichkeit der viel befahrenen Augustinerstraße aber erfüllen.

Immer wieder war im Esslinger Gemeinderat die Möglichkeit diskutiert worden, den Steg soweit zu sanieren, dass er zumindest für einen mittelfristigen Zeitraum noch einmal seine ursprüngliche Funktion übernehmen könne. Doch letztlich hat sich in der Stadtverwaltung und im Gemeinderat die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Abriss die einzig richtige Lösung ist. Am Wochenende sind dieser Erkenntnis nun Taten gefolgt.

In einem Video auf unserer Homepage gibt es Eindrücke vom Abriss: stzlinx.de/stegabriss