Mehrere Heiratsanträge gab’s im Sky Lounge Wheel, das seit Montag vorm Neuen Schloss abgebaut wird. Es ist ein Abschied auf Zeit. Im April will Oscar Bruch mit einem kleineren Riesenrad auf den Wasen zurückkehren. Das Frühlingsfest, so der Stand jetzt, findet statt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Eine alte Liebe ist neu erwacht. Das im 19. Jahrhundert erfundene Riesenrad, so schien es, hatte auf den Rummelplätzen der Republik seine beste Zeit hinter sich. Immer neue Fahrgeschäfte überraschten mit immer neuen Hightech-Wundern, um die Menschen noch viel schneller, noch viel wilder, noch viel atemloser zu beglücken. Doch dann durfte sich das 58 Meter hohe Sky Lounge Wheel an exponierter Stelle im Ehrenhof des Neuen Schlosses drehen – gemütlich, sanft, als sei’s aus der Zeit gefallen. Ohne Pandemie wäre dieses fulminante Comeback kaum möglich gewesen. Etwas Schlechtes, könnte die Botschaft lauten, kann auch etwas Gutes hervorbringen. So schön sah man die City von oben noch nie. Stuttgart hatte einen leuchtenden Fotohit in den sozialen Medien, fast ein neues Wahrzeichen.

 

Bis Freitag soll das Riesenrad komplett verschwunden sein

Das Riesenrad, das seit Montag abgebaut wird (die Gondeln zuerst) und bis Ende der Woche von 17 Transportern zurück nach Düsseldorf befördert wird, hat in drei Monaten romantische Gefühle wachgeküsst, wie dies viele nicht für möglich gehalten hätten. Die Magie der Nostalgie hat Stuttgart verzaubert. Sogar mehrere Heiratsanträge soll’s ganz oben in den Gondeln gegeben haben. OB Frank Nopper (CDU), der die Idee zum Riesenrad an dieser Stelle hatte, spricht von einer „Erfolgsgeschichte“, die im Herbst an derselben Stelle wiederholt werden soll – auch Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) ist dafür. Könnte es in der Politik nur immer so rasch und problemlos rund gehen, mögen sich die beiden denken.

Riesenradbetreiber Oscar Bruch, der sich nach der letzten Fahrt am Sonntagabend begeistert aus Stuttgart verabschiedet, aber schon im April aufs Frühlingsfest zurückkehren will, bleibt dabei, keine Besucherzahlen für seine drei Ehrenhof-Monate zu nennen. „Wir sind kein öffentliches Museum, das vom Staat gefördert wird“, sagt er, „wir sind privatwirtschaftlich und legen unsere Bilanzen deshalb nur dem Finanzamt offen.“

„Eine weitere Absage des Frühlingsfest können wir uns nicht leisten“

So ganz privatwirtschaftlich war sein Gastspiel freilich nicht: Der Finanzminister hat das Gelände kostenlos zur Verfügung gestellt. Ob der Grünen-Politiker dieses Geschenk nach dem großen Erfolg (am Anfang hieß es, das Riesenrad sei eine „Gelddruck-Maschine“, ehe der Umsatz nachließ) im Herbst erneut ausgibt, ist noch nicht entschieden – auch wird es erneut ein öffentliches Auswahlverfahren geben, das klären soll, wer den Zuschlag vorm Neuen Schloss erhält. Oscar Bruch, dies steht für ihn fest, wird sich auf jeden Fall erneut bewerben.

Bereits in drei Monaten will der Schausteller aus Düsseldorf nach Stuttgart zurückkehren – mit seinem 55 Meter hohen (also etwas kleineren) Riesenrad auf den Cannstatter Wasen. Stand jetzt findet das Stuttgarter Frühlingsfest vom 16. April bis 8. Mai statt. Mark Roschmann, der Vorsitzende des Schaustellerverbandes, fordert eindringlich, dass sich die Stadt an ihr Versprechen hält und das Frühlingsfest nicht erneut streicht. „Eine weitere Absage können wir uns nicht leisten“, sagt er. Der Wasen sei ein großes Gelände, so dass man die notwendigen, dann geltenden Hygieneauflagen einhalten könne. Noch mehr Existenzen wären ruiniert, würden die Schausteller auch im Frühling zum Nichtstun verdammt. Mit seinem Sky Lounge Wheel, das Bruch gerade auf dem Schlossplatz abbauen lässt, will er im Herbst aufs Volksfest zurückkehren. Damit könnte er rasch umziehen – nach den Vorstellungen von OB Nopper soll am 21. Oktober nach dem historischen Volksfest auf dem Schlossplatz das Riesenrad im Ehrenhof erneut starten.