Der TVB Stuttgart steckt erneut im Abstiegskampf der Handball-Bundesliga. Dem Spiel gegen die Eulen Ludwigshafen an diesem Donnerstag (19 Uhr) kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Eigentlich müsste die Gemütslage von Johannes Bitter hervorragend sein. Die drei Kinder des Handball-Torhüters sind auf Urlaub beim Vater in Stuttgart – den Herbstferien in Hamburg sei Dank. Doch der Schlussmann des TVB Stuttgart steckt ebenso in der Formkrise wie sein Club. Nach 4:2 Punkten zum Saisonstart in der Bundesliga folgte das Loch – vier Niederlagen in Folge – und schon steckt die Mannschaft da, wo sie im vierten Jahr Erstligazugehörigkeit eigentlich nicht mehr stehen wollte: im Abstiegskampf.

 

Der Tiefpunkt war vergangenen Sonntag erreicht mit der 25:38-Klatsche bei GWD Minden – anders kann man dieses Ergebnis nicht bezeichnen. Trainer Jürgen Schweikardt war restlos bedient: „In diesem Spiel haben sämtliche Grundlagen gefehlt, um im Sport erfolgreich zu sein.“ Vor allem Emotion und Konzentration. Das deutet auf Schwächen in Sachen Einstellung hin, die schnellstmöglich abgestellt werden sollen. Schließlich kommt an diesem Donnerstag (19 Uhr) das Schusslicht Eulen Ludwigshafen, da muss die Mannschaft gewinnen. Schweikardt sagt: „Ich war selbst mal Spieler und weiß, dass das mal vorkommen kann.“ Es sollte aber nicht zur Regel werden. So sieht es auch Bitter: „Natürlich darf man sich nicht so gehen lassen wie in Minden, aber das passiert auch anderen Mannschaften.“ Wie dem THW Kiel, der in der zweiten Hälfte in Magdeburg ohne großes Aufbäumen plötzlich mit acht Toren zurücklag. Doch Bitter gelobt Besserung: „Wir arbeiten daran, wieder mehr Zugriff auf den Gegner zu bekommen.“

Die Defensive als Schwachpunkt

Zuletzt hatten es einige Mannschaften geschickt verstanden, den TVB aus der Deckung zu locken, „da haben wir uns gegenseitig im Stich gelassen“, so der Schlussmann. Das ist verhängnisvoll, denn vor allem die Defensive – also Abwehr plus Torwart – war in der Vergangenheit der Schlüssel zum Erfolg. Doch unter Jürgen Schweikardt hat sich eben auch die Spielweise etwas geändert. Der TVB will schneller agieren, so dass insgesamt mehr Angriffe gelaufen werden und die Zahl der Tore steigt. Doch jeweils mehr als 30 Gegentreffer in den vergangenen vier Partien ist schlichtweg zu viel. Tempo hin, Taktik her. Da gibt es auch keinen Widerspruch. „Wir müssen einfach die Balance finden und wieder besser stehen“, sagt der Torwart. Wobei er selbstkritisch genug ist, um zu sagen, dass auch er (im Verbund mit dem Kollegen Jonas Maier) zuletzt nicht der große Rückhalt war, auf den die Fans setzen.

Dabei darf man nicht vergessen, dass Bitter in der Rückrunde der vergangenen Saison eine Bandscheiben-Operation zu überstehen hatte und diese nicht innerhalb von ein paar Monaten komplett auskuriert ist. „Das spüre ich schon noch“, sagt der 36-Jährige, „aber es soll keine Ausrede sein.“ In den gut zweieinhalb Jahren in Stuttgart hat er auf einem hohen Niveau dem Team so manchen Punkt gerettet und sich für den Notfall (Verletzungen der Stammkräfte Silvio Heinevetter und Andreas Wolff) sogar wieder für die Nationalmannschaft zur Verfügung gestellt. „Doch das ist jetzt kein Thema, ich konzentriere mich voll auf den TVB“, hatte er bereits zu Saisonbeginn betont. Daran hat sich nichts geändert.

Bitters Kinder drücken die Daumen

Im Gegenteil. Neben den Trainingseinheiten arbeitet Bitter zusätzlich noch in der Reha, um wieder in Bestform zu gelangen. „Das ist viel Arbeit für mich“ – aber der Weltmeister von 2007 ist eben auch ehrgeizig genug und gibt sich nicht mit halben Sachen zufrieden. So hofft er, möglichst bald wieder das nötige Selbstverständnis für gewisse Aktionen im Spiel zu bekommen und die Stabilität aufzubauen, die manchmal gefehlt hat. Für sich – und die Mannschaft.

Wer weiß, vielleicht klappt es ja schon gegen die Eulen. „Wir dürfen diese Partie nicht klein reden“, sagt Trainer Schweikardt auch in Anbetracht der folgenden hochkarätigen Gegner: in Flensburg, gegen Hannover, in Berlin und gegen Magdeburg. Aber die Partie im Gegenzug auch nicht zu einem Schicksalsspiel hochstilisieren, sagt Bitter: „Für mich war und ist es ein Vier-Punkte-Spiel, das wir nicht verlieren dürfen “, erzählt er relativ ruhig.

Das liegt vielleicht daran, dass „Jogi“ auf einen ganz persönlichen Glückbringer setzt: Seine drei Kinder, die erstmals in dieser Saison in der Halle sein werden. Trotzdem ist die Scharrena erneut noch nicht ausverkauft – auch ein Indiz für die Krise.