Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers spielt beim 0:1 gegen Rot-Weiß Erfurt wie ein Absteiger. Ohne eine gewaltige Steigerung in den letzten vier Spielen ist der Absturz in die Regionalliga sicher.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Die Häuptlinge der Blauen standen konsterniert in den Katakomben des Gazi-Stadions: „Schon ein Punkt wäre bei den Niederlagen der Konkurrenz Gold wert gewesen“, knurrte Aufsichtsratschef Christian Dinkelacker. Verdient hätten es die Kickers nicht. Erfurt erarbeitete sich 10:2 Ecken, hatte deutlich mehr Ballbesitz und ein klares Chancenplus. Die Blauen waren gut bedient mit dem einen Gegentor, das der sonst gut haltende Keeper Korbinian Müller auf seine Kappe nehmen musste: Er konnte eine direkt verwandelte Ecke des überragenden Ex-Leverkusener Okan Aydin (70.) nicht verhindern. Warum die Kickers dermaßen unterlegen waren, fasste Rainer Lorz in einem Satz zusammen: „Bei uns standen keine echten Männer auf dem Platz.“

 

Was der Präsident damit sagen wollte: Einsatzwille, Zweikampfstärke, Mut, Tempo, Kompaktheit fehlten komplett. Und damit all die Tugenden, die vor allem dann gefragt sind, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. Das Verwunderliche: In den neun Spielen nach der Niederlage in Aalen hatten die Blauen das Entscheidende beherzigt und sich 18 Punkte erkämpft. Seit dem 1:2 vor einer Woche in Würzburg ist diese Einstellung wie weggeflogen. „Wir haben viele kreative, junge Spieler, so eine Niederlage kann viel auslösen“, lautete ein Erklärungsversuch von Trainer Tomislav Stipic.

Der Trainer will sein Coaching hinterfragen

Der Coach musste sich am Samstag kritische Fragen gefallen lassen. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit wechselte er Sandrino Braun aus. Der Großteil der 3610 Zuschauer fasste dies als Demontage des Mittelfeldspielers auf, dessen Abgang am Saisonende (zu Preußen Münster) vergangene Woche bekannt wurde. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Braun hatte, wie alle anderen auch, ein schlechtes Spiel gemacht. Sein unnötiger Querpass nach einem Freistoß, der Manuel Bihr in Bedrängnis brachte, ließ Stipic sofort reagieren. Warum er mit dem Wechsel aber nicht die paar Sekunden bis zum Pausenpfiff abwartete, begründete Stipic wie folgt: „Wir waren uns im Trainerteam einig, dass der Hallo-wach-Effekt dadurch größer ist.“ Doch die Mannschaft schlummerte weiter. Im Gegensatz zum hellwachen Trainer, der es mit den Emotionen eher übertrieb. Zwar ist mit einem „Prinz Valium“ am Spielfeldrand noch selten ein Team aus dem Keller geklettert, doch auch Stipics permanentes gestenreiches Coaching, inklusive Zettel-Weiterreichung an die Spieler, verfehlte seine Wirkung und schien die Elf eher zu verwirren, als zu motivieren. Der Trainer erklärte dies mit seiner „extrem ausgeprägten Empathie“, räumte aber auch ein, sein Verhalten zu hinterfragen.

Stipic stellt am Sonntag klar: „Ich setze weiter auf Braun“

Wie auch immer: An diesem Samstag (14 Uhr) bei Mainz 05 II müssen Punkte her. Hoffnung machen die gegen Erfurt gesperrten Fabio Leutenecker und Klaus Gjasula, der als Stabilisator und Leitwolf schmerzlich vermisst wurde. Dafür fehlt Kapitän Fabian Baumgärtel (fünfte Gelbe Karte). Und wie geht’s mit Braun weiter? „Ich werde weiter auf ihn setzen“, stellte Stipic am Sonntag klar. Aber wie heißt es so schön: Nicht die Auf-, sondern die Einstellung zählt. Seit dem Kollektivversagen vom Samstag müsste dies auch der Letzte kapiert haben.