Wie viel kostet ein Abstieg? 2011 beklagte Eintracht Frankfurt nach dem Abstieg 50 Millionen Euro Umsatzverlust. Das könnte auch dem VfB Stuttgart blühen.

Stuttgart - Axel Hellmann muss gar nicht die Rechenfunktion auf seinem Smartphone bemühen, um die Zahl auszuspucken. Der Finanzvorstand der Eintracht Frankfurt Fußball AG trägt sie wie auf Knopfdruck vor, weil sie aus seiner Sicht wie ein Fluch über jedem unverhofft in Abstiegsgefahr geratenen Bundesligisten hängt: 50 Millionen Euro.

 

Das ist der Einnahmeverlust, der sich inklusive aller Folgekosten aus dem Abstieg der Hessen ergeben hat, als die Eintracht vor vier Jahren in die zweite Liga abgestürzt war. Alle Maßnahmen folgen nun der Prämisse, sich erstklassig zu etablieren, „um nicht wieder einen solchen Schaden zu haben“, wie Hellmann erläutert.

Seine Warnungen haben einen aktuellen Hintergrund. Mit dem VfB Stuttgart, dem Hamburger SV, Hannover 96, dem SC Freiburg und Hertha BSC sind fünf der sechs Abstiegskandidaten fest verankert in der Erstklassigkeit. Sie profitieren davon, dass die Bundesliga Jahr für Jahr mehr Geld generiert. Aus dem Finanzreport der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sind die Unterschiede in der wirtschaftlichen Schlagkraft beider Profiligen herauszulesen. Während die Bundesliga 2013/14 einen Umsatz von 2,446 Milliarden Euro generiert hat, waren es in der zweiten Liga 458 Millionen.

Der Verlust an TV-Geldern ist kaum auszugleichen

Es ist sicher nicht mehr so, dass das Unterhaus überall als Armenhaus daherkommt, auch der Zuschauerschnitt von knapp 17 500 Fans wird europaweit nur von England übertroffen. Trotzdem reicht das Geld für einen Erstligaabsteiger hinten und vorne nicht. Vor allem die Schere bei den TV-Geldern bereitet Sorgen.

Wie der „Kicker“ am Montag berichtet hat, würde Hannover 96 statt aktuell 32 Millionen in der zweiten Liga nur noch 11,8 Millionen erhalten. Das Problem der Niedersachsen: dank ihrer beiden Europa-League-Teilnahmen werden sie mit 8,5 Millionen Euro an der internationalen Vermarktung beteiligt – dieser Bonus ginge verloren, weil er an die Bundesliga-Zugehörigkeit gekoppelt ist. Freiburg würde der Abstieg allein an Fernsehgeldern 16,6 Millionen kosten, den VfB Stuttgart mindestens 12,5 Millionen, den SC Paderborn 12,4 Millionen und Hertha BSC mindestens 11,1 Millionen.

Wer abstürzt, hat daher nur die eine Wahl: im ersten Jahr alles auf die Karte Wiederaufstieg setzen. „Wir haben alles mobilisiert, was wir können“, sagte Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen rückblickend. Das mühsam aufgebaute Eigenkapital wurde mit seiner Einwilligung wieder abgeschmolzen, um damalige Leistungsträger zu halten und  neue Spieler  – teilweise zu Erstligakonditionen – zu verpflichten. So ist auch Hertha BSC verfahren, als gleich zweimal (2010/2011 und 2012/2013) ein Abstieg repariert werden musste. Mit entsprechenden finanziellen Folgen für den Hauptstadtclub. Aber: wer den Wiederaufstieg – wie aktuell der 1. FC Nürnberg – nicht sofort schafft, muss kräftig  abspecken. Und sich mit dem bescheiden, was die zweite Liga hergibt.

Absteigen, um zu gesunden? Purer Nonsens

Der durchschnittliche Umsatz der Clubs betrug hier zuletzt  25,4 Millionen Euro – darin flossen 7,2 Millionen Euro aus der medialen Verwertung, 6,7 Millionen aus der Werbung und 4,8 Millionen an Spielerträgen ein. In der ersten Liga kommen in diesen Segmenten aber durchschnittlich 39,8 Millionen (mediale Verwertung), 35,6 Millionen (Werbung) und 26,8 Millionen (Spielerträge) in die Kasse.  Der gerne in Stammtischdebatten vorgebrachte Spruch – abzusteigen, um zu gesunden – ist aus Finanzgründen als purer Nonsens entlarvt.

Besonders krass würde die Zweitklassigkeit den HSV treffen, dessen Budget im Abstiegsfall von 120 auf 75 Millionen Euro sinken soll. Und weil sich nicht nur die TV-Gelder um 14 Millionen und die Werbeeinnahmen um mindestens zehn Millionen verringern, sondern auf allen Ebenen Einschnitte anstehen, hat die DFL bereits signalisiert: Der verschuldete HSV muss bis zum 3. Juni einen neuen Haushaltsplan vorlegen, will er die Zweitligalizenz erhalten. Hier scheint wohl selbst die Rechenfunktion eines Smartphones nicht mehr zu genügen.