Nach der Kritik seines Trainers Vincenzo Montella deutet einiges auf den baldigen Abgang des früheren VfB-Stürmers Mario Gomez in Florenz hin.

Stuttgart - Da hatte seine Fiorentina am vergangenen Sonntag vier Tore erzielt und gegen Palermo mit 4:3 gesiegt, was den Sprung von Tabellenplatz neun auf sechs bedeutete. Dennoch hob Vincenzo Montella, der Trainer des AC Florenz, zu einer bemerkenswerten Wutrede an. Das Ziel seiner Attacken: Mario Gomez (29), der im Sommer 2013 für 15 Millionen Euro vom FC Bayern gekommen war – und mit dem die Violetten aus der Toskana doch um den Titel in der Serie A mitspielen wollten.

 

„Ich erwartet mehr von ihm. Er erlebt eine psychologische Blockade, denn er ist nicht mehr der Spieler, der in der Vergangenheit bewundert wurde“, sagte Montella, dessen Geduld offenbar zu Ende ist. Tatsächlich fällt Gomez in Italien vor allem durch schlechte statistische Werte auf: So hat der Stürmer, dem in der Bundesliga für den VfB Stuttgart und den FC Bayern in 236 Spielen 138 Tore gelungen waren, in dieser Saison in 13 Einsätzen nur ein Tor erzielt. Gomez kommt nur alle 3,2 Minuten an den Ball (nur der Roma-Stürmer Mattia Destro ist noch schlechter) – und steht alle 61 Minuten im Abseits, was ihn einen Platz in den Top Vier dieser Kategorie einbringt.

„Er rennt und kämpft, macht aber alles falsch“, schrieb der „Corriere dello Sport“ nach dem Palermo-Spiel – und der Trainer Montella, einst selbst Stürmer und im Jahr 2000 noch EM-Vize mit Italien, legte in seiner Erregung nach: „Als ich gemerkt habe, dass ich nicht mehr auf dem Niveau spiele, das meine Karriere gekennzeichnet hat, da habe ich aufgegeben – auch wenn ich noch ein Jahr Vertrag hatte.“

Mario Gomez, der zu den Attacken schweigt, besitzt bei der Fiorentina noch einen Vertrag bis 2017. In der Vorsaison, seinem ersten Jahr dort, war er gebremst von einem Innenbandanriss und einer Knieverletzung nur auf fünf Einsätze in der Startelf gekommen, was ihn die Teilnahme an der WM in Brasilien kostete; auch in dieser Saison musste der Deutsche wegen Problemen am Oberschenkel bereits sechs Wochen pausieren – und kommt so einfach nicht in Tritt. Auch im Länderspiel gegen Argentinien Anfang September (2:4) vergab Gomez drei Großchancen – und wurde vom Publikum ausgepfiffen.

Zwar schwächte der Trainer Montella inzwischen in einer offiziellen Stellungnahme auf der Homepage der Fiorentina seine Aussagen ab: „Ich wollte die gesamte Mannschaft wach rütteln, und nicht Mario persönlich kritisieren – da ist viel aus dem Zusammenhang gerissen worden“, erklärte der 40-Jährige am Mittwochabend: „Denn ich kenne den unstreitbaren Wert von Mario als Spieler und als Mensch.“

So versuchte Montella, wenigstens noch Schadensbegrenzung zu betreiben, nachdem er mit seinen Äußerungen zuvor auch den Marktwert von Gomez erheblich beschädigt hatte – sehr zum Unwillen der Clubverantwortlichen in Florenz übrigens, die Gefahr laufen, auf diese Weise viel Geld zu verlieren. Damit sitzt der Trainer zwischen allen Stühlen. Und kaum verwundern würde es, wenn Gomez den Verein, bei dem er nach seiner unglücklichen letzten Phase beim FC Bayern einen Neubeginn starten wollte, schon bald wieder verlassen würde.

Der Auftritt von Montella hat auf jeden Fall weder Gomez gefallen noch seinem Berater Uli Ferber, der die Kritik „für überhaupt nicht nachvollziehbar“ hielt. Es sei von Vorteil, „wenn jemand glaubt, sich selbst gut einschätzen zu können“, meinte Ferber in Richtung Montella weiter, „denn damit ist auch gegeben, dass man merkt, ob man die Mannschaft noch weiterbringen kann – und wenn das nicht mehr zutrifft, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.“ An dieser Einschätzung ändere sich jetzt auch durch das Zurückrudern von Montella nichts, sagte Ferber gegenüber der StZ.

In Italien heißt es bereits, dass sich ein Tauschgeschäft mit Gomez und Mattia Destro abzeichne, jenem Spieler vom AS Rom, der noch seltener an den Ball kommt als Gomez. Interessenten für den Stürmer gibt es zudem aus der englischen Premier League – und aus der Bundesliga. Der VfL Wolfsburg ist ein Kandidat, der auch in der Lage wäre, die finanziellen Konditionen eines solchen Wechsels zu stemmen. „Wie es weitergeht, entscheidet sich bis Ende dieses Monats“, sagt Ferber.