Die Mannheimer Eishockey-Cracks sind bereit, die Herrschaft des EHC München in der Deutschen Eishockey-Liga zu beenden. Das wird vor allem den Fähigkeiten eines Mannes zugeschrieben.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart - Alternativlos. Daniel Hopp, Geschäftsführer von Adler Mannheim, hatte nach der verkorksten Saison 2017/2018 das Wort in den Mund genommen. Alternativlos sei der Umbruch beim Eishockey-Erstligisten gewesen, nachdem sich Hopp während der Runde gefühlt hatte, als sitze er im CanCan-Coaster im Europapark Rust, in dem es mal aufwärts, aber vor allem vehement abwärts ging. Dass der oft gedemütigte Meister von 2015 zum Abschluss das Halbfinale erreicht hatte – geschenkt. Hopp handelte schon im Januar und verpflichtete Pavel Gross von Sommer 2018 an als neuen Cheftrainer.

 

Nun haben die Adler die Haie weggeputzt mit 4:0-Siegen im Play-off-Halbfinale und stehen im Finale. Souverän aufgetreten sind die Mannheimer auf der DEL-Bühne in dieser Spielzeit – erst haben sie mit 166 Punkten einen Rekord in der Hauptrunde aufgestellt, in den Play-offs haben sie die Nürnberg Ice Tigers mit 4:1 in die Ferien geschickt und nun die Kölner Haie mit 4:0-Erfolgen auf die Zuschauertribüne verbannt. Der siebenmalige Meister ist bereit fürs Finale, bereit die Herrschaft des Serienchampions EHC München zu beenden, bereit für Titel Nummer acht.

Gross besitzt die Gabe Großes zu vollbringen

Und diese Verwandlung vom kriselnden Altmeister hin zum neuen Vorreiter wird von Fans und Fachleuten auch außerhalb der Kurpfalz vor allem den Fähigkeiten eines Mannes zugeschrieben. Pavel Gross. Höchstens der Deutsch-Tscheche selbst würde da widersprechen; nicht, weil er an seiner Arbeit zweifelt, sondern weil er Lobeshymnen auf seine Person so schätzt wie einen gebrochenen Schläger. „Das ist keine Ein-Mann-Show“, betont der 50-Jährige.

Daniel Hopp hat Pavel Gross in die SAP-Arena geholt, weil die Adler wieder in sphärischen Höhen kreisen sollten, diese Ansprüche waren dem Coach von Beginn an bekannt. In Mannheim wird mit einem Saisonetat von 13 Millionen Euro geklotzt, da müssen Erfolge geliefert werden. Die Finalteilnahme mindestens. Schließlich jagen echte Adler nur in kargen Zeiten kleinen Mäuse, vielmehr haben es auf kleine Steinböcke und Gämsen abgesehen. „Wir sind geholt worden, um etwas zu gewinnen“, sagt Gross, der zuvor in acht Jahren als Cheftrainer der Grizzlys aus Wolfsburg bewiesen hatte, dass er die Gabe besitzt, trotz eines kleinen Etats Großes vollbringen zu können. Dreimal erreichte Gross mit den Grizzlys die DEL-Finalserie (2011, 2016, 2017), obwohl die Eishockey-Karosse des Volkswagen-Konzerns mit 4,5 Millionen Euro pro Jahr nicht zu dem Edel-Limousinen im DEL-Fuhrpark zählte.

Radikaler Umbruch

Pavel Gross packte in Mannheim im Sommer den alternativlosen Umbruch an. 13 Spieler mussten gehen, zum Teil verdiente Profis wie Christoph Ullmann, Devin Setoguchi und Mark Stuart. Bei der Kaderplanung orientierte sich der neue Chef nicht mehr an der in Mannheim lange gültigen Vorgabe, vor allem auf Nordamerikaner zu setzen, er lotste zwei Finnen und zwei Kanadier (die aber in Schweden gespielt hatten) sowie junge deutsche Talente wie Nationalspieler Markus Eisenschmid (23) nach Nordbaden. „Wichtig ist“, sagt der ehemalige Mittelstürmer, „dass du in der Kabine gute Charaktere hast, die alle das Gleiche wollen. Wir hatten vor der Verpflichtung von jedem Spieler ein Bild.“ Gross baute sein Reich auf hinter der Bande auf, warb Mike Pellegrims (51) als seinen Assistenten an, Pertti Hasanen (63) als Co-Trainer – und Geschäftsführer Hopp installierte den Schweden Jan-Axel Alavaara (43) als neuen Manager, nachdem Adler-Ikone Teal Fowler im Frühjahr fortgejagt worden war. Gross erweiterte den Trainer-, Betreuer- und Scouting-Stab, er ließ die Kabine renovieren, was als sichtbares Sinnbild der gesamten Neuausrichtung verstanden werden durfte. Er hat auch eine neue Denke in die SAP-Arena gebracht. Der Mann lebt die Werte vor, die er von seinen Spielern erwartet. Er ist einer der Ersten in der Arena, er arbeitet lange bevor die Schicht der Profis beginnt. Er legt größten Wert auf Details, einen „Disziplinfanatiker“ nennt ihn Führungsspieler Marcel Goc.

Als Trainer hat Pavel Gross noch keinen Titel gewonnen, sondern lediglich die Achtungserfolge mit Wolfsburg vorzuweisen. Als Spieler dagegen feierte er drei Meistertitel in der DEL in Folge in den Jahren 1997, 1998 und 1999 – mit Adler Mannheim. Es wäre eine Vollendung, würde Gross mit den Mannheimern am Ende die Trophäe erhalten. Es wäre nicht nur für Adler-Geschäftsführer Hopp eine wunderschöne Geschichte. Alternativlos wunderschön.