In der Zeit bis Weihnachten öffnen wir jeden Tag ein Türchen zu einem interessanten Ort in der Region Stuttgart. Am 9. Dezember sind wir im Tower des Stuttgarter Flughafens. Er ist einmalig in Europa.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Leinfelden-Echterdingen - Wer zu den Towerlotsen am Flughafen Stuttgart will, muss das Flughafengelände verlassen. „Wir sind in der Hinsicht ein wenig abgeschnitten vom Flugbetrieb“, sagt Stephan Heinrich, Sachbearbeiter bei der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) und steigt die Treppen des Towers in Filderstadt-Bernhausen (Kreis Esslingen) hinauf. In rund 30 Metern Höhe befinden sich vier Arbeitsplätze. Monitore, Telefone, Ferngläser – von hier aus kontrollieren die Fluglotsen alle Bewegungen auf dem Flughafen und im Luftraum der Sicherheitszone um das Gelände herum. Die Atmosphäre im Tower ist ruhig und konzentriert: Fehler können hier schwerwiegende Folgen haben.

 

„Stehende Flugzeuge, rollende Flugzeuge, fliegende Flugzeuge – für jeden dieser Bereiche ist ein Kollege zuständig“, erklärt Heinrich. Um die stehenden Maschinen kümmert sich der Delivery-Lotse: Er erteilt den Piloten die Freigabe für das Anlassen der Triebwerke und gleicht Abflugstrecke und Flugplan mit ihnen ab. Zudem vergibt er den so genannten Squawk, einen Zahlencode, mit dem das Flugzeug auf dem Radar identifiziert werden kann. Damit das funktioniert, muss der Squawk vor dem Flug vom Piloten in einen Transponder eingegeben werden.

Den Sicherheitsabstand im Blick

Sobald der Flieger bereit ist loszurollen und von der Parkposition geschoben zu werden, fällt er in die Zuständigkeit des Ground-Lotsen. Stephan Heinrich deutet auf den zweiten Arbeitsplatz, an dem eine junge Frau sitzt. „Sie kümmert sich um alles, was auf den Rollwegen und der Start- und Landebahn herumfährt – also auch um Autos, die dort unterwegs sind“, erklärt der 52-Jährige. „Wenn beispielsweise die Kollegen der Verkehrsaufsicht zu ihrer Kontrollfahrt ausrücken wollen, benötigen sie ebenfalls eine Genehmigung von uns.“ Nicht jeder Bereich des Vorfelds ist vom Tower aus gut zu sehen. Deshalb übermitteln Kameras auf den Parkpositionen das Geschehen auf die Monitore der Fluglotsen.

Draußen auf dem Flugplatz rollt eine Maschine zur Start- und Landebahn. Der Platz-Lotse ist verantwortlich dafür, dass bei An- und Abflügen alles reibungslos funktioniert. Er entscheidet, wer wann starten und landen darf und muss dabei immer auf den Sicherheitsabstand zwischen den einzelnen Flugzeugen achten. Nicht nur große Maschinen nutzen den Stuttgarter Flughafen, auch Kleinflugzeuge müssen berücksichtigt werden. „Als Fluglotse muss man multitaskingfähig sein und schnell auf sich ändernde Situationen reagieren können“, betont Heinrich, der selbst jahrelang als Lotse gearbeitet hat. Es könne schließlich immer sein, dass irgendetwas den Flugplan durcheinander bringt – zum Beispiel das Wetter. Auch die Wetterdaten haben die Towerlotsen daher immer im Blick.

Nur für den Flughafen zuständig

Eine hohe Konzentrationsfähigkeit ist wichtig: „Die Herausforderung ist, immer zu wissen, was um einen herum passiert.“ Maximal zwei Stunden am Stück dürfen die Fluglotsen, von denen es in Stuttgart 27 gibt, arbeiten – dann müssen sie Pause machen. Auch die Positionen – Delivery-, Ground- und Platzlotse – wechseln regelmäßig unter den Mitarbeitern, von denen rund ein Drittel Frauen sind.

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„Das Schöne an diesem Beruf ist, dass man direkt sieht, was man tut“, sagt Stephan Heinrich, während vor der riesigen Fensterfront ein Flugzeug in den Himmel steigt. Damit ist die Arbeit der Towerlotsen erledigt: Sobald die Maschine den Sicherheitsbereich um den Flughafen verlassen hat, sind die Fluglotsen der DFS-Kontrollzentrale in Langen zuständig. „Wir sorgen ausschließlich dafür, dass hier am Flughafen nichts passiert“, erklärt der ehemalige Lotse.

Der Tower auf den Fildern ist besonders: Er ist der einzige in Europa, der sich außerhalb des Flughafengeländes befindet. Früher stand auch der Stuttgarter Kontrollturm auf dem Vorfeld, doch mit dem Ausbau der Start- und Landebahn 1995 konnten die Lotsen von der ursprünglichen Position aus nicht mehr alles überblicken. „So kam der Tower nach Bernhausen“, erzählt Heinrich. Der 360-Grad-Blick ist beeindruckend. „Besonders, wenn morgens über der Schwäbischen Alb die Sonne aufgeht“, schwärmt der Mitarbeiter der DFS.