An dem Biber, der in Wiesensteig die Liegewiese des Freibads geflutet hat, scheiden sich die Geister. Ein Damm in der Fils sorgt für Ärger.

Region: Corinna Meinke (com)

Wiesensteig - Wegen eines Bibers darf man doch nicht den Kindern die Freude am Freibad verderben“, sagt Evgenios Katsikas. Der Betreiber des Kiosks im Wiesensteiger Freibad macht sich Sorgen, wie es mit dem Badebetrieb weitergehen wird, seit das streng geschützte Tier dafür gesorgt hat, dass eine der beiden Liegewiesen teilweise unter Wasser steht. In der nahen Fils hat der Biber einen Damm aus Stämmen und Ästen gebaut, und seither läuft das aufgestaute Wasser des Flusses auf das Freibadgelände.

 

Am Biber scheiden sich die Geister

Noch sei das nicht dramatisch, urteilt der ehrenamtliche Biberberater des Landkreises, Kai Struppek, die Wiese liege ja bekanntlich im Überschwemmungsgebiet. Aber es sei nicht erwünscht, dass das Filswasser eines Tages ins Schwimmbecken laufe, hatte ein Gemeinderat unlängst klar gemacht. Seitdem das scheue Nagetier vermutlich in den stillen Wintermonaten von der Schwäbischen Alb in das obere Filstal eingewandert ist und seine Fraßspuren an den Bäumen entlang der Fils hinterlässt, scheiden sich im Städtchen beim Thema Biber die Geister.

Die Biberfrage kochte auch im Gemeinderat hoch, der dieser Tage die Sanierung der alten Freibadtechnik auf den Weg brachte. Er wolle ungern hunderttausende Euro investieren, wenn die Liegewiese wegen des Bibers absaufe, empörte sich einer der Räte. Andere sehen das Thema gelassener: „Ich freue mich über jedes Tier, das zurückkommt, sei es der Biber, der Wolf oder der Luchs, denn an anderer Stelle zerstören wir ja ständig sehr viel Natur“, erklärt eine Hundehalterin, die mit drei Tieren in der Nähe des Filsursprungs spazieren geht.

Der Biberberater spricht von einer guten Revierwahl

Einen guten Geschmack bei der Revierwahl bescheinigt derweil der Biberberater dem tierischen Neubürger. Tatsächlich besticht das obere Filstal durch seine idyllisch ruhige Lage. Steil ragen die bewaldeten Hänge auf der Südseite auf, gegenüber sorgen Ziegen und Schafe dank ihres Appetits auf Brombeerranken und grüne Triebe für die typischen Wacholderheiden. Lang gezogene Wiesen, manche feucht, manche eher moorig, prägen ebenfalls das Landschaftsschutzgebiet.

Er freue sich über den Biber, bekennt der Berufsjäger Andreas Pohl, das Tier passe wunderbar in die Landschaft, die schon viele Tierarten verloren habe. Wasseramsel, Eisvogel oder Wasserralle brüteten hier nicht mehr, dafür sei das auch bei Wanderern beliebte Gebiet wohl zu stark von Hunden frequentiert.

„Der Bürger geht diesmal vor, bei aller Liebe für den Biber“

Aber Pohl macht klar: Durch den Biber dürfe die Bevölkerung nicht bedroht werden. Wenn das Tier mit seinen Bauten die bestehende Hochwassergefahr für Wiesensteig noch steigere, müssten die überörtlichen Behörden für bauliche Vorkehrungen finanziell geradestehen oder den Biber umsiedeln. „Der Bürger geht diesmal vor, bei aller Liebe zum Biber.“ Das erwartet auch ein später Badegast von den Behörden. „Man muss den Biberdamm öffnen, dann kann das Wasser abfließen“, fordert er.

Da der Biber eine streng geschützte Art ist, erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz nur passive Vorkehrungen. Das weiß auch Gebhard Tritschler. „Ich brauche fachliche Beratung“ , sagt der Wiesensteiger Bürgermeister, der sich mit dem Biberberater des Kreises und den Fachleuten der Naturschutzbehörde treffen wird. Und da die Kunde vom Filstalbiber bis in das Stuttgarter Regierungspräsidium gedrungen ist, wird auch dessen hauptamtlicher Biberberater, der den Biberbestand im gesamten Regierungsbezirk auf rund 1100 Tiere in 240 Revieren schätzt, im Städtle erwartet.

„Betreten verboten“, steht derweil auf den Papierschildern an der überfluteten Liegewiese. Gut möglich, dass die Biberdebatte auch die Ideen rund um die geplante Gartenschau im oberen Filstal befeuert, man könne ja über einen Wasserspielplatz oder einen Kneippbereich nachdenken, bietet Tritschler an.