Auf dem privaten Parkplatz vor dem Edeka-Supermarkt in Leinfelden werden Strafzettel von einem privaten Unternehmen verteilt. Die Kunden sind verärgert. Wer verdient daran? Und wer bezahlt die Rechnung?

Leinfelden - Die einen würden sagen, die Erziehungsmaßnahme habe ihre Wirkung nicht verfehlt. Andere könnten meinen, dass die Aktion Dampfhammer von voriger Woche so hohe Wellen geschlagen hat, dass sich niemand mehr ohne Parkscheibe auf den Parkplatz des Filder- Einkaufszentrums wagt – und wer keine hat, kauft eben woanders ein, und nicht bei Edeka. Jedenfalls waren Mitte vergangener Woche die Kunden aufgebracht, nachdem ein privates Unternehmen namens Park Security in großem Maßstab 30-Euro-Knöllchen verteilt hatte. Drei Stunden Parken ist erlaubt, aber eben nur mit Parkscheibe. Kulanz: null. Also hagelte es Strafzettel. Inzwischen liegen die Scheiben auf vier von fünf Armaturenbrettern.

 

Edeka als Ankermieter und größter Einzelhändler im Filder-Einkaufszentrum hatte nicht nur den geballten Frust der Kunden abbekommen – der Filialleiter musste auf dem Parkplatz die Gemüter beruhigen. Das Unternehmen müsste eigentlich auch die Verantwortlichen kennen. Vor Ort gibt man sich wortkarg, verweist an die Unternehmenszentrale. Man sei Mieter in Leinfelden, heißt es von dort, und habe wie alle anderen Geschäfte Interesse daran, dass die Kunden genügend Parkplätze haben. „Insofern begrüßen wir die Maßnahmen der Hausverwaltung, die Stellplätze durch einen Dienstleister bewirtschaften zu lassen“, teilt Christhard Deutscher mit. Wer der Hausverwalter ist, will er nicht sagen. Auch nicht, wer vom Verteilen der Knöllchen finanziell profitiert.

Parkraumbewirtschafter wittern ein gewinnbringendes Geschäft

In wessen Geldbeutel das Geld letztlich fließt und wer dafür bezahlt, wurde im Zuge der Recherche deutlich. Aber dazu später mehr. Der Hausverwalter jedenfalls heißt Hans Dieter Kost. Ihm gehört das Gelände aber nicht. Das gehört einem Unternehmen aus dem Firmengeflecht der Familie Nanz. Nanz ist eine ehemalige Supermarktkette aus Stuttgart, die 1998 aufgelöst und an Edeka verkauft wurde. Viele Immobilien verblieben aber bei Nanz, und so auch die in Leinfelden. Die Wege von Edeka zu Nanz könnten vor Ort also als recht kurz beschrieben werden.

Und tatsächlich machte sich der Verwalter Hans Dieter Kost beziehungsweise Nanz auch nur deshalb auf die Suche nach einem privaten Knöllchen-Verteiler, weil Edeka es wollte. Und zwar aus einem guten Grund. „Immer mehr Fremdparker haben unsere Parkplätze besetzt“, sagt Kost. Manche seien in die Straßenbahn nach Stuttgart gestiegen, andere hätten sich auf den Weg zum Flughafen gemacht.

Hier nun kommen die sogenannten Parkraumbewirtschafter ins Spiel, die seit geraumer Zeit ein gewinnbringendes Geschäft mit privaten Stellplätzen wittern. Am wohl bekanntesten ist Park & Control aus Stuttgart. Dann gibt es noch Firmen wie PRS Parkaum Service, Eastrella Parkplatz Management oder Fair Parken. Am Filder-Einkaufszentrum ist Park Security mit Sitz in Dreieich bei Frankfurt unterwegs.

Finanziell profitiert nur ein Unternehmen

Verbraucherschützer haben das Geschäftsgebaren dieser Unternehmen längst im Blick. In den vergangenen Monaten würden die Beschwerden massiv zunehmen, sagt Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Angefangen habe alles schon vor einigen Jahren, als die Deutsche Bahn damit begann, Fremdparker vor Bahnhöfen abschleppen zu lassen. Inzwischen würden sogar Kleinst-Parkplätze mit zwei, drei Stellplätzen bewirtschaftet, wie es formal korrekt heißt. Buttler vermutet, dass sowohl Immobilienbesitzer als auch Knöllchen-Verteiler von dem Geschäft profitieren, das zulasten von „schusseligen Kunden“ geht. „Das riecht zumindest nach Abzocke“, sagt er. In die Verträge ließe sich aber niemand schauen, also könne er das nicht belegen.

Finanziell profitiert in Leinfelden nur ein Unternehmen: Park Security. Weder Kost noch Nanz oder Edeka bezahlen dem Dreieicher Dienstleister Geld für die Kontrolle des Parkplatzes, noch bekommen sie Geld, etwa in Form einer Beteiligung an den Knöllchen. Tatsächlich hat Park Security die Bewirtschaftung kostenlos übernommen, und die Einnahmen durch die Strafzettel verbleiben zu 100 Prozent bei eben diesem Unternehmen. Je aggressiver die Mitarbeiter also Strafzettel verteilen, desto höher der Profit. Ob es dabei Fremdparker oder schusselige Kunden trifft, ist einerlei.

Gerne hätten wir Park Security gefragt, ob vielleicht auch die Strafzettel verteilenden Mitarbeiter profitieren. Denkbar ist immerhin, das besonders aggressives, also gewinnbringendes Vorgehen an den Windschutzscheiben durch eine Provision gefördert wird. In Dreieich will man auf derlei Fragen nicht antworten. „Wir sagen nichts über unser Geschäft“, sagt ein Mann am Telefon. „Das ist nichts Unbekanntes und nichts Unerlaubtes“, meint er und legt auf.