Die große Oscar-Show ist opulent, aber nicht immer spannend. Nun soll sie fürs Fernsehen gerafft werden. Manche Preise kommen an den Katzentisch.

Stuttgart - Nun ist es offiziell: Bei der diesjährigen Oscar-Verleihung am 24. Februar wird es eine Neuerung geben, die für Unfrieden, Hohn und Missgunst in der Branche sorgen wird. Nicht mehr alle Oscars werden bei laufender Kamera und vor den Augen der Welt verliehen. Einige der Preisvergaben werden in die Werbepausen abgeschoben: Der Zwei-Klassen-Oscar ist da.

 

Die ausufernde Länge und die fehlende Spritzigkeit ihres zentralen Events machen der Academy of Motion Picture Arts and Sciences schon lange Sorgen. Darum kam im vergangenen Jahr der von vielen als ungehörig und absurd empfundene Vorschlag auf, einige Academy Awards in weniger publikumsattraktiven Kategorien zu vergeben, während die TV-Zuschauer in aller Welt Werbeclips zu sehen bekommen.

Die Hoffnung vieler potenziell Betroffener, dieser Plan sei absurd und werde gekippt werden, verflog rasch. Siet Monaten haben die Filmschaffenden gewartet, wer bei der glamourösen Gala an den Katzentisch verwiesen würde. Nun hat der Präsident der Academy, John Bailey, das Geheimnis gelüftet: es erwischt die Oscars für Kameraarbeit, Schnitt, Makeup/Frisuren und Real-Kurzfilm. Zumindest die Herabsetzung des Kamera-Oscars ist eine faustdicke Überraschung.

Die lang erwartete böse Nachricht hat John Bailey in einen positive Überraschung zu wenden versucht: Alles sei nicht so dramatisch wie vorab befürchtet, so die offizielle Haltung der Academy, man sei mit dem zum Disney-Konzern gehörenden TV-Sender ABC, der die Oscar-Show überträgt, zu einer guten Einigung gekommen. Nur die Wege der Gewinner zur Bühne und andere Nebensächlichkeiten fielen ganz weg, die Dankesreden würden im Lauf der auf drei Stunden geplanten Show nachgereicht, über andere Pausen verteilt. Auf viel Gegenliebe stieß das bei den Filmschaffenden bislang offenbar nicht.

Tatsächlich gehören die Nebenmomente – die Gesichter der Gewinner nach dem Öffnen des Umschlags mit ihrem Namen, ihre Körpersprache beim Weg auf die Bühne – gehören oft zu den menschlichsten Momenten der Show, deren einstudierte Moderatoren-Gags nicht immer zünden. Und wer die Show in den letzten Jahren verfolgt hat, der fragt sich, wo diese Pausen jenseits der Werbepausen denn sein sollen, in denen man die Dankesreden nachreichen könnte.

Auch die Academy scheint sich nicht ganz sicher zu sein, ob das klappen wird, denn sie hat mit ABC einen weiteren Deal ausgehandelt: Wer sich die Show im Netz via Streaming anschaut, bekommt die im Fernsehen wegfallenden Passagen nach wie vor live zu sehen. Man kann sich nun fragen, was das zu bedeuten hat: Muss das lineare Fernsehen in seiner zunehmenden Altersschwäche wieder einmal zähneknirschend hinnehmen, dass Streaming das bessere Angebot macht? Oder geht die Demütigung einiger Bereiche des Filmemachens so weit, dass die Academy und Hollywood sagen: Das Fernsehen bietet die attraktivere Show – ohne langweiligen Kram wie Kamera, Schnitt, Makeup/Frisuren und Real-Kurzfilm?