Für ein Demokratieprojekt mit Jugendlichen hat der Kabarettist Christoph Sonntag rund 180 000 Euro vom Sozialministerium erhalten. Nun hat sich Minister Lucha erstmals vor dem Landtag erklärt.

Stuttgart - Der Name Christoph Sonntag ist im Südwesten vielen ein Begriff. Der Kabarettist macht nicht nur Bühnenshows. In den vergangenen Monaten betätigte er sich auch in der Jugendarbeit. Jugendliche sollten in dem Projekt „A-B-C-D-E-Mokratie neu buchstabiert!“ diskutieren und lernen, dass die Demokratie in Deutschland so stark ist, dass man sie auch belachen darf – nämlich bei einer Showeinlage Christoph Sonntags im Rahmen der Jugendworkshops.

 

Für das Projekt erhielt die „Christoph Sonntag Stiphtung“, die in Wirklichkeit eine gemeinnützige GmbH ist, rund 180 000 Euro Förderung vom Sozialministerium Baden-Württembergs. Sonntags Noch-Ehefrau, mit der er sich in Scheidung befindet, wirft ihm vor, er habe Teile des Geldes in seinen Privathaushalt umgeleitet. Außerdem steht die Frage im Raum, welche Rolle die persönliche Bekanntschaft von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) und Christoph Sonntag bei der Vergabe des Geldes gespielt hat. Das Sozialministerium bestätigte, dass Lucha und Sonntag sich seit einiger Zeit persönlich kennen und auch duzen.

FDP sieht nach wie vor offene Fragen

Mit der Projektabwicklung betraute das Sozialministerium die Landeszentrale für politische Bildung. Diese kam nach einer Prüfung Mitte September zu dem Schluss: Das Projekt wurde planmäßig durchgeführt, alle in Auftrag gegebenen Leistungen wurden erbracht und alle Ausgaben vollständig belegt.

Der FDP im Landtag reicht das nicht. Sie hat das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte in seiner Rede vor dem Landesparlament am Mittwochvormittag unter anderem, dass das Projekt bei einem gemeinsamen Abendessen von Sozialminister Lucha und Christoph Sonntag aufs Gleis gesetzt worden sei. „Da stellt sich die Frage, ob Sie sich für jedes Projekt so viel Zeit nehmen und es mit Bier, Wein und Cremant versüßen“, sagte Rülke an Lucha gerichtet. Außerdem bemängelte Rülke, dass der Prüfbericht der Landeszentrale für politische Bildung wenig aussagekräftig sei, weil die Zentrale ihre eigene Arbeit selbst geprüft hat.

Lucha weist Vorwürfe zurück

Im Anschluss verteidigte Luchas Parteikollege Thomas Poreski den Minister. Nachdem in der zuständigen Fachabteilung Probleme mit dem Projekt bemerkt worden seien, habe das Ministerium die Zusammenarbeit mit Sonntag von sich aus eingestellt, sagte Poreski. Der Minister habe „sich nichts vorzuwerfen“, sondern sich „vorbildlich verhalten“. Unter anderem geht es bei den Ungereimtheiten mit dem Projekt darum, dass Christoph Sonntag viele der Workshops an Schulen durchführte und der Bezug zur außerschulischen Jugendarbeit, der vorgesehen war, somit nicht ausreichte.

Sozialminister Manfred Lucha selbst wies dann ebenfalls alle Vorwürfe zurück. Es habe keine Abweichung vom üblichen Prozedere und keine rechtlichen Verstöße gegeben. Ob alle haushaltsrechtliche Vorgaben eingehalten wurden, prüft das Sozialministerium derzeit. Nach Abschluss der Prüfung will Lucha dem Landtag alle Akten vorlegen. „Es gibt keine Vermischung dienstlicher und privater Interessen.“ An der Projektidee Sonntags habe ihn die Neuartigkeit gereizt und die Vorstellung, damit Jugendliche erreichen zu können, die sich für bereits bestehende Angebote in der Jugendarbeit weniger interessierten.

Minister will in Zukunft weniger „flapsig“ sein

An die Abgeordneten gerichtet sagte Lucha: „Ich bin ihr aller persönlicher Minischder“. Der Sozialminister spielte damit auf seinen SMS-Verlauf mit Sonntag an. Er hatte eine Nachricht mit den Worten „dein persönlicher Minischder“ unterzeichnet. Lediglich in diesem einen Punkt zeigte sich Lucha selbstkritisch. Er nehme mit, dass sein Ton im Kontakt mit dem Kabarettisten nicht gut angekommen sei. In Zukunft wolle er darauf achten, nicht mehr so flapsig zu sein. Zuvor hatte Lucha von seiner „nahbaren“ Form der Kommunikation gesprochen, die viele eben schätzten. „Ich bin ein Mensch der Tat, aber ich habe einen klaren Kompass“, sagte Lucha.

Ein Antrag der FDP, dass die Akten im Fall Sonntag dem Landtag basierend auf einem entsprechenden Paragrafen in der Geschäftsordnung des Landtags vorgelegt werden sollten, erhielt keine Mehrheit. Somit bleibt es dabei, dass die Abgeordneten erst dann Akteneinsicht erhalten, wenn das Sozialministerium diese gewährt. Sozialminister Lucha hat Akteneinsicht zugesichert, nachdem die haushaltsrechtliche Prüfung in seinem Haus abgeschlossen ist. Die FDP-Fraktion bemängelt jedoch, dass die Zusage juristisch gesehen keinen Bestand habe. Außerdem steht die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Stuttgart aus, ob sie in der Sache Ermittlungen aufnimmt. Das wird derzeit ebenfalls noch geprüft.