Landwirte in der Region Stuttgart befürchten, dass die afrikanische Schweinepest bald auch hier auftreten könnte. Um gewappnet zu sein, treffen die Landkreise bereits erste Vorbereitungen.

Böblingen - Andreas Kindler ist überaus besorgt: „Die Afrikanische Schweinepest wird vor unseren Grenzen nicht haltmachen“, sagt der Renninger Landwirt und Vorsitzende des Böblinger Kreisbauernverbandes. Sollte sich die Seuche in Deutschland ausbreiten, könnte das viele Betriebe die Existenz kosten. Zudem würden Schlachthöfe, Metzgereien und der Handel enorme Einbußen erleiden, Arbeitsplätze könnten wegfallen, meinte Wilhelm Hornauer, der Leiter des Böblinger Veterinäramts, in der jüngsten Ausschusssitzung des Böblinger Kreistags. Der gesamtwirtschaftliche Schaden könne enorm sein.

 

Im Seuchenfall werden um die Höfe Sperrzonen errichtet und sämtliche Schweine getötet. So weit ist es aber noch nicht. Bei Informationsveranstaltungen sollen sich Jäger, Förster und Landwirte im ganzen Land jedoch ein Bild von der Bedrohung und den etwaigen Notmaßnahmen machen. Zudem werden überall im Land Stationen eingerichtet, bei denen schon jetzt Tierkadaver und -abfälle kostenlos abgegeben werden können. Die Stationen sollen dann beim Ausbruch der Schweinepest genutzt werden.

Vier Entsorgungsstationen für Tierkadaver im Kreis Böblingen

Im Rems-Murr-Kreis beispielsweise befinden sich zehn solcher Containerstandorte. Acht seien inzwischen erneuert worden, zwei neue seien in Aspach und Weissach im Tal hinzugekommen, berichtet Martina Keck, die Pressesprecherin des Landratsamts in Waiblingen. Sowohl die Erneuerungen, Kostenpunkt 48.000 Euro, als auch die Kosten für die neuen Container von je 20.000 Euro hat das Land übernommen, das in diesem Jahr noch 153 weitere solcher Abgabestellen schaffen will.

Hier entlang: „Schweinepest – Was passiert im Seuchenfall?“

Eine davon wird demnächst in Sindelfingen eingerichtet. Der Kreis Böblingen hat dann vier Entsorgungsstationen für Tierkadaver. Diese reichten aus, meint Hornauer. „Sie decken einen Umkreis von jeweils 15 Kilometern ab.“ Zumal es im Kreis Böblingen lediglich 83 Betriebe mit insgesamt rund 7000 Schweinen gebe. Im Vergleich dazu: Der Rems-Murr-Kreis kommt auf 269 Schweinehaltungen mit 13.000 Tieren, der Kreis Ludwigsburg auf 133 Landwirte mit fast 35.000 Schweinen.

Kosten für leerstehende Ställe

Je größer die Höfe, desto höher könnte auch der Schaden sein, wenn die Seuche ausbrechen sollte. „Das Land zahlt zwar eine Entschädigung, wenn die Tiere getötet werden müssen. Doch dürfen die Ställe erst wieder neu belegt werden, wenn die Seuchengefahr vorüber ist“, erklärt Hornauer. Das könne drei Monate, aber auch ein, zwei Jahre dauern. Meist seien die Ställe nicht abbezahlt. „Die Kredite aber laufen weiter“, fügt der Böblinger Amtsleiter hinzu.

Hornauer und seine Kollegen in anderen Veterinärämtern sind verpflichtet, jährlich auch eine gewisse Anzahl von Wildschweinen zu untersuchen. Verendete Tiere könnten das Virus haben. 60 Wildschweine kommen jährlich in Böblingen unter die Lupe. Die Spezialisten würden mit einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit erkennen, ob eine Ansteckung vorliege, so Hornauer.

Keine verlässlichen Zahlen über Wildschwein-Population

Wie viele Wildschweine sich in den Wäldern tummeln, darüber liegen keine verlässlichen Zahlen vor. Das Landwirtschaftsministerium hat die Anweisung erteilt, die Tiere in diesem Herbst wieder intensiv zu jagen. Sie ernähren sich bisweilen auch von Essensresten auf Parkplätzen, die auch Lastwagenfahrer aus Osteuropa ansteuern. Dort ist die Schweinepest bereits weit verbreitet, so dass weggeworfene Abfälle das Schweinepestvirus tragen könnten. Parkplätze müssten deshalb eingezäunt werden, fordert Hornauer. Möglicherweise ist die Seuche auf diese Weise jüngst auch nach Belgien gelangt, 60 Kilometer hinter der Grenze zu Deutschland, wo man laut Hornauer bisher fünf von der Seuche befallene Tiere gefunden habe.

Der Renninger Andreas Kindler jedenfalls will das Risiko auf seinem Hof so niedrig wie möglich halten, indem er nur wenige Schweine hält. Er habe nur Schweine für den „Hausgebrauch“.

Landwirtschaftsministerium legt einen Zwölf-Punkte-Plan vor

Ausbreitung:
Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft breitet sich die hochansteckende Afrikanische Schweinepest (ASP) in Europa seit dem Jahr 2014 aus und bedroht Millionen Haus- und Wildschweine. Lebensmittel können diese Krankheit übertragen, die für Menschen ungefährlich ist. Speisereste sollten deshalb nur in verschlossene Müllbehälter geworfen werden.

Maßnahmenkatalog:
Das Landwirtschaftsministerium hat einen Zwölf-Punkte-Plan für das Land erstellt, um der ASP vorzubeugen. Neben einem Netz von Verwahrstellen von Tierkadavern gehören eine verstärkte Bestandsaufnahme von Haus- und Wildschweinen sowie Informationsveranstaltungen und Notfallpläne dazu. Geschultes Personal für die Jagd sowie Investitionshilfen für die Reviere sind nötig. Im Staatswald sollen Fallen aufgestellt werden, um die Population der Wildschweine zu verringern.