Plakate rücken am frühen Freitagmorgen in Leinfelden ein Tabuthema ins Licht. In Bernhausen werden am Nachmittag drei Flaggen gehisst. Anlass ist internationale Gedenktag „Nein zur Gewalt gegen Frauen“.

Filder - Mit deutlichen Worten haben Frauen und Männer am Freitag ein Tabuthema ins Licht gerückt. Vertreter des „Runden Tisches gegen häusliche Gewalt Filder“ haben zwischen 8 und 9 Uhr morgens in Leinfelden am Straßenrand gestanden, um Plakate in die Höhe zu halten. Ihre Botschaft: „Häusliche Gewalt ist keine Lösung.“ Gut 300 Autofahrer haben die Plakate gesehen. Die meisten haben ihr Tempo gedrosselt, um die Zeilen besser lesen zu können. Einige haben ihre Daumen in die Höhe gestreckt. Sozialbürgermeister Carl-Gustav Kalbfell ließ dazu passend eine Fahne von Terre des Femmes auf dem Neuen Markt hissen.

 

„Die Aktion hat in jedem Fall für viel Aufmerksamkeit gesorgt“, sagt Tanja Schneider vom Frauenhilfsverein Frauen helfen Frauen Filder unserer Zeitung. Anja Güsgen, Mitarbeiterin des örtlichen Amtes für soziale Dienste, spricht von einer „unglaublich interessanten Erfahrung“. Auch Wolfram Joas vom Bürger- und Ordnungsamt sagt: „Das war eine gute Aktion.“

Polizei rückte im Kreis 336-mal aus

Anlass war der internationale Gedenktag „Nein zur Gewalt gegen Frauen“ an diesem Samstag. „Jede vierte Frau in Deutschland hat mindestens einmal im Leben Gewalt in ihrer Partnerschaft erlebt“, sagte Bürgermeister Kalbfell. Kreisweit musste die Polizei im vergangenen Jahr 336-mal wegen häuslicher Gewalt ausrücken. Polizei, Ordnungsämter, Frauen-, Männer- und andere Beratungsstellen sowie die Sozialen Dienste arbeiten laut dem Kreis eng zusammen, um Opfern, aber auch den Tätern schnell zu helfen. Das wird auch im Gespräch mit den Akteuren in Leinfelden deutlich. „Das Bürger- und Ordnungsamt bekommt per E-Mail den Polizeibericht. Die Mitarbeiter können dann Kontakt mit Opfer und Täter aufnehmen“, erklärt Wolfram Joas. Meist wird der Täter der Wohnung verwiesen.

Beratungshilfe für Opfer und auch für die Täter

Das Opfer erhält so die nötige Zeit, um zu einer Beratungsstelle zu gehen und sich einen Anwalt zu nehmen. Das Jugendamt wird informiert, wenn Kinder in der Familie leben. Tanja Schneider spricht von „einem proaktiven Ansatz“. Auch die Täter können eine kostenlose Beratung in Anspruch nehmen. Paare, die trotz allem zusammenbleiben wollen, können sich beispielsweise an die Psychologische Beratungsstelle Filder des Kreisdiakonieverbandes wenden.

In Filderstadt wurden anlässlich des Gedenktags beim Bürgeramt in Bernhausen drei Flaggen gehisst. Man müsse auf die Gewalttaten immer wieder hinweisen, sagte Oberbürgermeister Christoph Traub und fügte hinzu: „Wir müssen Flagge zeigen.“ Thomas Pitzinger, der Leiter des Polizeireviers Filderstadt, betonte: „Man darf nicht wegsehen und muss den Opfern helfen“. Die Gleichstellungsbeauftragte Susanne Omran hob die zehn Workshops hervor, die es am Freitagmorgen zur Gewaltprävention in Schulen gegeben hatte.