Eine Seilbahn vom Stuttgarter Osten in den Norden: Sozialdemokraten aus dem Stadtbezirk Ost machen sich für das Verkehrsmittel stark.

S-Ost - Ein paar Steine sind bereits aus dem Weg geräumt worden, doch das Ziel ist noch ein gutes Stück entfernt. Eine Seilbahn als Verkehrsmittel im Stuttgarter Kessel ist bis jetzt nicht mehr als eine handfeste Vision, für die sich vor allem die SPD starkmacht. Besonders die Ortsgruppe Stuttgart-Ost verspricht langen Atem bei diesem Projekt. Am Sonntag hat die Partei Bürgerinnen und Bürger zur Ortsbegehung eingeladen. Gut 20 Teilnehmer waren beim Spaziergang dabei.

 

Beim Treffpunkt im Park vor der Villa Berg verdeutlichten Lucy Schanbacher, Christiane Albrecht und Jörg Trüdinger, worum es geht. Auch jene, die bisher noch gar nicht im Thema drin waren, wurden bei einem Schnelldurchlauf mit dem notwendigen Basiswissen versorgt. Eine Seilbahn soll den Stuttgarter Norden (Startpunkt wäre der Pragsattel) mit dem Osten verbinden. Nach Vorstellung der SPD sollte die Verbindung bis zur Waldebene Ost reichen, um dieses vom öffentlichen Verkehrsnetz bislang noch kaum versorgte Naherholungsgebiet besser anzuschließen und damit auch ohne Auto vernünftig erreichbar zu machen.

Trüdinger sieht sich durch das Vorbild anderer Orte bestätigt

„Eine Seilbahn hat so gut wie keine Emissionen, ist leise und umweltfreundlich, nutzt eine neue Ebene und ist ziemlich unabhängig von der bisherigen Verkehrsführung, besonders für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste schafft sie durch niveaugleichen Einstieg eine barrierefreie Mobilität“, zählte Kommunalwahlkandidatin Albrecht auf. Sie gab dabei offen zu, dass sie selber auf den ersten Blick das Projekt für „eine komische Idee“ hielt: „Aber beim zweiten Hinsehen und beim sich näher damit Beschäftigen merkt man, dass es eine ziemlich gute Idee ist.“ Jörg Trüdinger sieht sich durch das Vorbild anderer Orte bestätigt: „In Algier und Barcelona sind bis zu zehn verschiedene Seilbahnen im Einsatz. Da hat sich dieses super-moderne Verkehrsmittel längst etabliert. Und viele deutsche Städte wie Köln oder Ludwigshafen sind intensivst in der Planung.“

Bestärkt werden die Befürworter, weil das Land Baden-Württemberg eine Grundlagenstudie in Auftrag gegeben hat und Stuttgart zu den drei Städten im Land gehört, wo nach Einschätzung von Experten die Errichtung einer Seilbahn als sinnvoll eingestuft wird. Im Juli 2018 wurden im Gemeinderat vier mögliche Trassen einer Seilbahnstrecke identifiziert. Als besonders interessant erscheinen im Rahmen des städtischen Nahverkehrsentwicklungsplans die Verbindungen zwischen Vaihingen und dem Flughafen sowie eben jene Strecke zwischen dem Pragsattel und dem Ostendplatz, die die Ortsgruppe Ost der SPD gerne bis zur Waldebene Ost verlängert sähe.

Der vom Gemeinderat im Rahmen eines Architektenauftrags initiierten Machbarkeitsstudie sieht auch SPD-Bezirksbeiratssprecher Trüdinger mit Spannung entgegen: „Wenn das vorliegt, werden wir Genaueres wissen.“ Jedenfalls freut sich Trüdinger, dass die von unterstützte Sache konkreter wird: „Als vor sechs, sieben Jahren die ersten Ideen dazu aufkamen, waren viele äußerst skeptisch. Aber jetzt erkennen doch immer mehr die Vorteile.“

Kritische Fragen und konstruktive Hinweise

Die Teilnehmer am sonntäglichen Spaziergang liefen die mögliche Streckenführung zu Fuß ab. Beim 90-minütigen Schlendern bis hoch zum Waldheim Raichberg blieben kritische Fragen und konstruktive Hinweise sowie auch Wünsche und Begehrlichkeiten der Bürger nicht aus. Wie viele Stationen wären sinnvoll, und an welchen Standpunkten? Wie kann am besten die Anbindung an das lokale Bus- und Bahnsystem gewährleistet werden? Welche Voraussetzungen müssten Ein- und Ausstiege erfüllen? Ein Dialog, dem sich die Parteivertreter gerne stellten.

Vor zwei Wochen hat die SPD Ost begonnen, das Thema Seilbahn mit einer Plakataktion auf den Straßen offensiv zu bewerben. Die ersten Reaktionen blieben nicht aus, wie die Spaziergangsteilnehmer am Sonntag mit eigenen Augen feststellen konnten. „So ein Quatsch“, hatte jemand auf ein Plakat gekritzelt, ein anderer daneben mit einem „Klasse!“ gekontert.

Dass das Seilbahnthema auch einen politischen Aspekt besitzt, will Jörg Trüdinger nicht vom Tisch wischen: „Wer die Seilbahn wirklich will, sollte bei den Kommunalwahlen SPD wählen“, sagt er – wohl wissend, dass die anderen Parteien das Thema nicht so weit vorne auf der Tagesordnung haben.