Circa 100 Kinder nahmen laut Veranstalter an der Fünften Kidical Mass teil und fuhren eine Runde durch die Innenstadt. Eltern forderten mehr Verkehrssicherheit für ihre Kinder.

S-West - Ist es angemessen, Kinder auf eine Demonstration mitzunehmen? Die neunjährige Laura Eckardt würde diese Frage im Fall der Kidical Mass wohl mit einem Ja beantworten. Das Mädchen trägt vor dem Start der Fahrrad-Demo am Feuersee bereits seinen Helm und sitzt bereit für die Abfahrt auf dem Kinderrad. Der Vater schiebt daneben sein Herrenrad. „Ich finde es toll, mal auf der Straße fahren zu können und richtig Platz zu haben“, sagt Laura. Radfahren mache ihr Spaß, aber zur Schule fahre sie beispielsweise nicht, meint das Mädchen.

 

Die Neunjährige ist eine von laut Veranstalter rund 100 Kindern, die gemeinsam mit ihren Eltern bei der Kidical Mass vom Feuersee aus eine Runde durch die Innenstadt drehen wollen. Mit dabei sind ihre Eltern. Ihnen geht es – anders als dem Nachwuchs – nicht nur um eine schöne Radtour durch die Stadt an einem Samstagnachmittag.

Ein Vater fordert mehr Aufklärung

Der Vater Stefan Francke ärgert sich darüber, dass er seine Kinder selten ohne Sorge in Stuttgart mit dem Fahrrad fahren lassen könne. „Parkende Autos versperren überall die Sicht, und die Autofahrer rechnen oft gar nicht damit, dass ein Kind mit dem Rad die Straße überqueren will“, sagt er. Für Francke ist die Kidical Mass deshalb die logische Ergänzung zur Critical Mass, der Fahrraddemonstration für Erwachsene. Das gemeinsame Radeln von Erwachsenen und im Fall der Kidical Mass auch Kindern sieht er als Appell an die Stadt, die Interessen von Nichtmotorisierten besser zu berücksichtigen. „Ich würde mir zum Beispiel Kampagnen wünschen, damit die Autofahrer mehr auf Kinder achten, die mit dem Rad unterwegs sind“, meint der Vater.

Thijs Lucas von der Initiative „Radentscheid Stuttgart“ moniert, dass Kindern zu viel Verantwortung für ihre Sicherheit im Straßenverkehr aufgebürdet würde. Die Sicherheitserziehung von Kindern lege ein Stück weit nahe, dass letztlich sie selbst dafür verantwortlich seien, sicher anzukommen, wenn sie zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, kritisiert der Radaktivist. „Ich finde, die Autofahrer müssten vielmehr in die Pflicht genommen werden“, sagt er. Lucas verweist auf die Kidical Mass. „Das ist für viel Kinder die einzige Gelegenheit, mal sicher auf der Straße zu fahren“, sagt er. Die Polizei sorgt wie bei der Critical Mass dafür, dass Autofahrer gebührend Abstand halten von den Kindern auf Rädern und ihren Eltern. „Die Kinder müssen ausnahmsweise nicht auch noch in alle Richtungen schauen, sondern nur geradeaus fahren“, sagt der Fahrradaktivist.

Polizisten begleiten den Zug

Der von Polizisten begleitete Zug von Radfahrern sei außerdem ein Zeichen dafür, dass der Radverkehr Platz benötige. „Wenn irgendwo wegen einem Bauvorhaben Platz geschaffen werden muss, geht das immer auf Kosten von Radfahrern oder Fußgängern“, kritisiert Lucas.

Die erste Fahrraddemo für Kinder gab es im September vergangenen Jahres. Fünfmal startete die Kidical Mass nun schon vom Feuersee aus für eine einstündige, rund fünf Kilometer lange Strecke. Die Kinder können dabei gemächlich in ihrem Tempo fahren. „Die jüngsten Kinder, die mitmachen, sind vier bis fünf Jahre alt“, meint Lucas. Den älteren Kinder sei das gemütliche Tempo bisweilen zu wenig herausfordernd. „Die fahren dann mit ihren Eltern bei der nächsten Critical Mass mit“, sagt Radaktivist Lucas.