Klimaschutz auch in der Coronakrise – geht das? Die Bürgerinitiative Neckartor fordert bei einer Aktion in Stuttgart temporäre Fahrradspuren und mehr Busse.

Stuttgart - Der Autoverkehr rauscht fast schon wieder wie vor der Coronakrise dicht gedrängt unter dem Dunant-Steg durch, als am Dienstagnachmittag Aktivisten der Bürgerinitiative Neckartor ihre Transparente ausrollen: „Corona + Feinstaub – eine tödliche Kombination“ ist auf einem der sechs Banner am Straßenübergang zu lesen, „Klima retten, statt Luft verpesten“ auf einem anderen.

 

Die Aktion fällt nicht zufällig auf den zweiten Tag des Petersberger Klimadialogs: „Wir haben große Sorge, dass die Coronaepidemie dem Klimaschutz den Wind aus den Segeln nimmt“, sagt Peter Erben von der Bürgerinitiative, der mit rund einem halben Dutzend Mitstreitern auf dem Dunant-Steg steht – mit Mundschutz und unter Einhaltung des Abstandsgebots.

Erben vermisst politischen Willen in Stuttgart

Erben betont, dass die Initiative mit ihrem Protest während des Petersberger Klimadialogs jene Parteien unterstützen will, die auch in der Coronakrise für den Klimaschutz eintreten. Mit Unverständnis reagieren die Aktivisten darauf, dass der Gesundheitsschutz in Zeiten der Epidemie großgeschrieben werde und im Zentrum der Aufmerksamkeit stehe, beim Thema Klimaschutz die Belange der Gesundheit aber kaum eine Rolle spielten.

Um die derzeit coronabedingt drohende Rückverlagerung vom öffentlichen Personennahverkehr aufs Auto zu verhindern, müssten im ÖPNV in Stuttgart Taktzeiten verkürzt, mehr Busse und zusätzliche temporäre Fahrrad- oder Busspuren bereitgestellt werden, fordert der Klima- und Mobilitätsaktivist. „Berlin hat das vorgemacht“, sagt Erben, der bislang den politischen Willen in Stuttgart hierfür vermisst. „Damit der ersehnte Ausstieg aus dem Lockdown nicht zum Rollback in längst überholt geglaubte, klimazerstörende Energie- und Mobilitätsmuster führt, braucht es Mut und Stehvermögen.“

Kaufprämien für neue Fahrzeuge werden abgelehnt

Dass politische Kräfte die Coronakrise nützten, um an diesem „Rollback“, dem Zurückdrehen schon erreichter Klimaschutzmaßnahmen, zu arbeiten, sieht die Bürgerinitiative äußerst kritisch: „Politiker wie der Waiblinger CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim-Pfeiffer fordern bereits, dass die Diesel-Fahrverbote wieder aufgehoben werden“, sagt Erben. „Das müssen wir unbedingt verhindern.“ Auch Kaufprämien für neue Fahrzeuge, wie sie aktuell diskutiert werden, um die Automobilindustrie in der Coronakrise zu stützen, lehnen die Klimaaktivisten ab.

Die Befürchtung sei groß, dass angesichts der Wirtschaftskrise nicht nur klimaschonende Technologien gefördert werden könnten. „Uns geht es um eine andere Mobilität, deshalb lehnen wir zum Beispiel auch die derzeitige Unterstützung der Fluggesellschaft Condor ab.“ Für alle, die sich dem Klimaschutz verpflichtet fühlten, dürfe es jetzt kein Zurück mehr geben, fordert die Bürgerinitiative.