Die Konzentration von Luftschadstoffen soll bis 2030 halbiert werden, und auch die Stress-Belastung der Menschen durch Verkehrslärm soll drastisch sinken.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Im Jahr 2050 soll die Umwelt in der EU giftfrei sein. Dieses Ziel hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem Green Deal bereits ausgegeben. Jetzt hat ihre Kommission einen Aktionsplan vorgelegt, der anspruchsvolle Ziele zur Reduzierung der Schadstoffe in Luft, Wasser und Boden bis zum Jahr 2030 vorgibt. Auch der gesundheitsgefährdende Lärm soll bekämpft werden. Die Zahl der Menschen, die permanent durch Verkehrslärm gestört werden, soll bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent verringert werden.

 

Warum ist der Umweltschutz wichtig?

Ziel ist, die Verschmutzung so abzubauen, dass sie keine Bedrohung mehr für die Gesundheit der Menschen sowie für die Lebensräume von Tieren und Pflanzen darstellt. Derzeit wird einer von acht Todesfällen in der EU mit Umweltverschmutzung in Zusammenhang gebracht. 90 Prozent der vorzeitigen Todesfälle werden durch chronische Krankheiten ausgelöst, an erster Stelle durch Krebs. Umweltverschmutzung gilt auch als wichtigster Antreiber für das Artensterben. Eine Million von acht Millionen Pflanzen- und Tierarten weltweit sind vom Aussterben bedroht.

Wie soll die dicke Luft bekämpft werden?

Die Konzentration an Luftschadstoffen soll bis 2030 halbiert werden. Schätzungen zufolge verursacht Luftverschmutzung innerhalb der EU jedes Jahr den vorzeitigen Tod von 400 000 Menschen. Die Kommission will die Luftreinhaltungsstandards verschärfen. Sie sollen an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angenähert werden, sagte Umwelt-Kommissar Virginijus Sinkevicius. Damit widerspricht die Kommission dem Europa-Parlament, das jüngst eine Eins-zu-Eins- Übernahme von WHO-Empfehlungen beschlossen hatte. Im Gespräch ist etwa, dass die WHO den Grenzwert für kleine Feinstaubpartikel (PM 2,5) auf 5 Mikrogramm je Kubikmeter Luft im Jahresmittel absenkt. Dieser Richtwert wird derzeit nur an einer einzigen Messstation in Deutschland eingehalten.

Was plant die Kommission konkret zur Verbesserung der Luftqualität?

Die Kommission wird im Juni Gesetzgebungsvorschläge zur Erreichung der angeschärften EU-Klimaziele für alle Sektoren vorlegen. Strengere Regeln für die Landwirtschaft, Industrie, Gebäude, Energie und Transport sind dabei in Arbeit. Die CO2-Flottenstandards für Autos und Lieferwagen bis hin zum Jahr 2030 sollen kräftig verschärft werden. Umwelt-Kommissar Sinkevicius erwähnte zudem ausdrücklich die Verschärfung der Emissionsstandards für Autos mit Verbrennungsmotoren (Schadstoffnorm Euro 7). Hier will die Kommission bis Ende des Jahres einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen.

Wie sollen Gewässer sauberer werden?

Die Wasserqualität von Meeren, Flüssen und Seen soll bis 2030 verbessert werden, indem die Einleitung von Abfällen drastisch reduziert wird. Die Menge von Plastikabfällen, die im Meer landen, soll bis dahin halbiert werden. Die Menge von Mikroplastik, das in die Umwelt gelangt, soll um 30 Prozent verringert werden. Für 2022 kündigt die Kommission die Überarbeitung der Richtlinie zur Kommunalen Abwasserbehandlung an. Die Liste problematischer Substanzen für das Oberflächen- und Grundwasser soll auf den aktuellsten wissenschaftlichen Stand gebracht werden. Die EU-Gesetze zu Häfen und Badewasser sollen so angepasst werden, dass chemische Verschmutzung und Mikroplastik-Eintrag reduziert werden.

Welche Ziele gelten für den Boden?

Der Erdboden soll sauberer werden. Die Verluste von Nährstoffen im Boden sollen eingedämmt werden. Außerdem soll der Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln bis 2030 halbiert werden. Die Kommission will dazu noch in diesem Jahr eine Strategie für den Erdboden vorlegen. Eine zentrale Maßnahme soll etwa sein, verunreinigte Grundstücke ausfindig zu machen und zu sanieren. Die Baubranche soll verpflichtet werden auf einen sicheren und nachhaltigen Umgang mit ausgebaggerter Erde.

Was soll es kosten?

In Euro und Cent ist es noch nicht klar. Die Folgenabschätzung läuft noch. Frans Timmermans, der für den Green Deal zuständige Vize der Kommission, sagte jedoch: „Wenn wir nicht handeln, werden die Kosten um ein Vielfaches höher sein.“ Kosten im Gesundheitswesen, Krankheitstage der Beschäftigten, Schäden an Gebäuden sowie Ernteausfälle seien immens. Luftverschmutzung verursache jedes Jahr in der EU Kosten in Höhe von bis zu 940 Milliarden Euro, alle EU-Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität schlagen dagegen nur mit bis zu 80 Milliarden Euro im Jahr zu Buche.