Zeichen der Erinnerung: im Fellbacher Rathausinnenhof werden anlässlich des Internationalen Gedenktages gegen Gewalt an Frauen Grablichter aufgestellt. Expertinnen und Experten informieren. Und die Polizei sagt, wie sie helfen kann.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Fellbach - Kerzen flackerten im Rathausinnenhof. Die Grabkerzen hatten die Organisatoren der Aktion am Donnerstagmorgen angezündet. 139 an der Zahl. Sie stehen für das Schicksal der 139 Frauen, die laut Bundeskriminalamt bundesweit im Jahr 2020 durch ihre Partner getötet wurden.

 

Die Aktion steht unter dem Motto „Wir brechen das Schweigen“

Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen soll auf die körperlichen und seelischen Misshandlungen aufmerksam machen, die für viele Frauen und Mädchen zum Alltag gehören. In Fellbach stellte sich am Aktionstag das Fellbacher Hilfenetzwerk bei häuslicher Gewalt vor unter dem Motto „Wir brechen das Schweigen“.

Wie die Polizei im Fall der Fälle vorgeht

Auch Birgit Schäfer vom Fellbacher Polizeirevier ist vor Ort. Sie erklärt Passanten, wie die Polizei im Fall von häuslicher Gewalt vorgeht. „Meistens findet häusliche Gewalt am Abend oder nachts statt“, berichtet sie. So sei oft der Streifendienst gefordert bei dem Einsatz. Dafür habe das Fellbacher Revier einen roten Faden erarbeitet, wie die Polizisten und Polizistinnen in einer solchen Situation vorgehen und reagieren sollen. „Das klappt richtig gut“, sagt Birgit Schäfer. Sie ist Sachbearbeiterin für den Bereich häusliche Gewalt bei der Polizei Fellbach. Und sie ist Teil des Fellbacher Hilfenetzwerkes. So kooperiert sie mit Sonja Lupfer-Rieg von der Opferberatung häusliche Gewalt vom Kreisdiakonieverband und weiteren Akteuren des Netzwerks. Die Polizei und die Stadt Fellbach hätten das Recht, einen Platzverweis für den Täter auszusprechen, berichtet Birgit Schäfer. Bis zu zwei Wochen kann etwa ein Partner, der seine Frau bedroht oder geschlagen hat, einen Wohnungsverweis erhalten. Dies könne um weitere zwei Wochen verlängert werden. „Die Frauen brauchen oft Luft und Zeit, um zu überlegen, wie es für sie weitergehen kann“, sagt Birgit Schäfer.

Die Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt ist hoch

Dass die Dunkelziffer von häuslicher Gewalt hoch ist, davon gehen die Expertinnen und Experten aus. Wenn Frauen von ihrem Partner drangsaliert werden, kann das viele Formen haben. „Sagt dir dein Partner ständig, dass du alles falsch machst?, ist beispielsweise auf einem der Plakate zu lesen, die den Weg von der Stadtbahnhaltestelle Lutherkirche bis zum Rathausinnenhof säumen. „Kontrolliert oder überwacht dich dein Partner?“, „Wirst du beschimpft“ oder „wirst du geschlagen?“ sind weitere Fragen. Sie greifen verschiedene Formen von Erniedrigung, Abwertung und Gewalt auf, sind in verschiedenen Sprachen verfasst, um eine möglichst breite Zielgruppe anzusprechen. Eine Passantin, die die Plakate studiert, machte spontan Halt und meint: „Es ist wichtig, dass das Thema in die Öffentlichkeit kommt und nicht versteckt bleibt.“

Die Coronapandemie macht vieles schlimmer

Es ist ein ganzer Kreis an Fachleuten, die an diesem Donnerstag das Gespräch anbieten. Unter anderem auch Anneliese Roth von der Fellbacher Gleichstellungsstelle ist dabei, Sonja Lupfer-Rieg von der Opferberatung und auch Ulrich Preuß, der Männer, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, berät.

Das Thema wird in Coronazeiten brennender

Dass das Thema häusliche Gewalt in Coronazeiten brennender geworden ist, das berichtet auch die Fellbacher Polizei. Auch wenn noch keine konkreten Zahlen für dieses Jahr vorliegen würden. „Aber tendenziell sind in Fellbach in diesem Jahr wieder mehr Anzeigen „häusliche Gewalt“ bei der Polizei eingegangen, als im Vorjahr“, sagt Fellbachs Polizeichef Jan Kempe.