Das Alaturka setzt auf Kunden, die Qualität zu schätzen wissen – auch wenn’s mal etwas länger dauert. Yüksel Dogan und seine Tochter Eylem führen das Geschäft, das längst mehr als ein Geheimtipp für Dönerfans in Stuttgart ist.

Stuttgart - Die Geschäftsstrategie von Yüksel Dogan klingt scheinbar einfach. „Du musst ehrlich sein, und du musst der Beste sein“, sagt der Inhaber des Alaturka in Stuttgart. Wer die Länge der Schlange kennt, die sich jeden Mittag vor der Theke des Dönerladens an der Olgastraße bildet, der weiß, dass dies keine leeren Worte sind. 30 Minuten Wartezeit sind eher die Regel als die Ausnahme. An den Preisen liegt es nicht. Mit 6,50 Euro ist der Standard-Döner im Alaturka deutlich teurer als in anderen Dönerläden.

 

„Das ist kein Hokuspokus, sondern schlicht Qualität“, erklärt Dogan das Geheimnis seines Döners. Was seine Zutaten anbetrifft, ist er sich sicher, mit jedem Sterne-Restaurant in Stuttgart mithalten zu können. Den Teig für seine Fladenbrote macht er selbst. Beim Mehl wie beim Fleisch für den Spieß setzt er auf hochwertige regionale Produkte. Auf Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker verzichtet er ganz. Das Gemüse holt er dreimal in der Woche vom Großmarkt. Im Winter zahlt er auch schon mal 25 Euro für eine Kiste Tomaten im Einkauf. „Ich verhandele erst über die Qualität, dann über den Preis“, benennt er seine Devise.

Täglich wird ein 50 Kilo schwerer Fleischspieß abgeschabt

Die Kalkulation des Alaturka sei nicht mit Dönerläden vergleichbar, die 3,50 Euro für einen Döner verlangen, sagt Dogan. „Es gibt sicher andere, die mit schlechterer Qualität mehr verdienen“, meint der 52-Jährige, der das Geschäft gemeinsam mit seiner Tochter Eylem Dogan leitet. Was nicht heißt, dass das Alaturka nicht gut läuft. „Es lohnt sich“, sagt Dogan, der jeden Tag einen 50 Kilogramm schweren Fleischspieß abschabt und 30 Kilogramm Teig zu Fladen verarbeitet.

Der Erfolg des Dönerladens kam allerdings nicht über Nacht. „Es gab auch schwierige Zeiten“, sagt Yüksel Dogan, der 1979 als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland kam. Anfang der neunziger Jahre eröffnete er mit seiner damaligen Frau Nalan einen Gemüseladen. „Dort, wo heute die Sitzgelegenheiten stehen, waren früher Obst und Gemüse aufgebaut“, erzählt seine Tochter Eylem. Sie ist im Laden ihrer Eltern aufgewachsen. „Das Geschäft mit dem Döner war anfangs nur in einem kleinen Bereich“, erzählt die 27-Jährige, die den Laden seit acht Jahren mit der Unterstützung ihres Vaters leitet.

Seit den Fleischskandalen mach Dogan seine Spieße selbst

In den Anfängen kaufte Dogan – wie die meisten seiner Kollegen – die Dönerspieße noch von Zulieferern. Als erste Skandale in der Fleischverarbeitung bekannt wurden, entschied er sich, sie nur noch selbst zu schichten. Das Risiko, seinen Kunden Knochensplitter oder andere unappetitliche Reste der Fleischverarbeitung zu servieren, wollte er nicht eingehen. „Essen ist Vertrauenssache“, sagt er. „Heute werben immer mehr Dönerläden damit, dass sie ihre eigenen Spieße herstellen“, sagt seine Tochter.

Der Umbau des Alaturka vom Obst- und Gemüsegeschäft zum reinen Dönerladen erfolgte 2001. „Nachdem meine Mutter einen Bandscheibenvorfall hatte, mussten meine Eltern komplett umdenken“, erzählt die Tochter. Mit Möbeln vom Sperrmüll richteten sie den ersten Essensbereich ein und setzten von da an ganz auf Döner – mit einem eigenen Akzent. Statt Weiß- und Rotkraut gibt es im Alaturka zum Fleisch im Fladen unter anderem Rucola und Grillgemüse. Ein Konzept, das bei den Kunden ankommt und das auch der ein oder andere Konkurrent für sich entdeckt hat. „Auch den Namen ‚Alaturka‘ gibt es mittlerweile häufiger“, sagt Eylem. Deshalb haben sie und ihr Vater sich das Logo schützen lassen.

Die Mutter betreibt eine Gastronomie ganz in der Nähe

Im Gegensatz zu vielen anderen Kindern der Besitzer von Dönerbuden hat sich Eylem entschieden, ins Geschäft einzusteigen – auch nach der Trennung der Eltern. Im Gegensatz zu ihrem Vater, der im Kontakt mit den Kunden auflebt, hält sich die 27-Jährige aber lieber im Hintergrund. Auch ihre Mutter ist der Gastronomie treu geblieben. Unweit des Alaturka hat sich Nalan Dogan mit der „Zauberküche“ ebenfalls als Adresse für türkische Spezialitäten etabliert. Überschneidungen der Speisekarten gibt es aber nicht. Der Döner bleibt die Domäne des Alaturka.

Nicht nur in diversen Foodblogs wird der Döner des Alaturka immer wieder als der beste Stuttgarts empfohlen. Yüksel Dogan ist besonders stolz, wenn Polizisten auf den Rat ihrer Kollegen hin kommen – besonders wenn die Empfehlung von der Einheit des Wirtschaftskontrolldienstes kommt. Was nicht heißt, dass die Beamten nicht genauso in der Schlage stehen müssen, wie alle anderen Kunden. Wer nicht vorbestellt hat, muss warten – es sei denn, die Kunden lassen einander vor. „Ich entscheide über den Bereich hinter der Theke“, sagt Dogan und erzählt mit einem Augenzwinkern, dass er einmal Daimler-Boss Dieter Zetsche nicht erkannt hat, als der nach der Wartezeit gefragt habe. Die Zeit, 20 Minuten in der Schlange zu stehen, hatte Zetsche dann doch nicht. „Aber an der Wartezeit hätte ich sowieso nichts machen können“, sagt der 52-Jährige.

Die Expansion in andere Städte ist bisher nur ein Traum

Für die Zukunft träumt Dogan von einem Alaturka in jeder größeren Stadt. Allerdings ist er nicht sicher, ob er einen Investor und vor allem genügend Geschäftsführer findet, die seine Qualitätsstandards teilen. Zumal es gar nicht so einfach sei, den Zauber und Charme des Ladens an der Olgastraße auf andere Räume zu übertragen, ergänzt seine Tochter.

Die Einrichtung möglicher künftiger Filialen steht beim Vater allerdings auf der Prioritätenliste deutlich weiter unten. Restaurants und selbst Fast-Food-Ketten, die viel Geld in Möbel investieren, sind dem türkischen Gastronomen eher suspekt. Schließlich wolle er auch als Kunde, dass der Preis, den er für ein Essen zahle, hauptsächlich mit dem Wert der Zutaten begründet ist und nicht mit der Höhe der Nebenkosten. Ob sie weitere Filialen eröffnen werden, darüber haben Yüksel und Eylem Dogan dieser Tage noch ein wenig Zeit nachzugrübeln. Im August ist das Alaturka traditionell geschlossen.