Emotionen müssen raus, findet Albrecht Daur. Der Theologe und ehemalige Chef der Evangelischen Akademie Bad Boll leitet die Bürgerinformation zum Baumwipfelpfad in Wiesensteig.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)
Göppingen/Wiesensteig - Der frühere Leiter der Evangelischen Akademie in Bad Boll, Albrecht Daur, wird die Bürgerversammlung am kommenden Dienstag moderieren. Wer seine Position vortragen dürfe, könne hinterher auch eine Abstimmungsniederlage leichter ertragen, sagt der 74-Jährige.
Herr Daur, Sie werden immer gerufen, wenn es im Kreis irgendwo kracht. Warum?
Es gibt wohl ein paar Leute, die mir das zutrauen, was gewiss auch mit meiner Tätigkeit bei der Akademie zu tun hat. Die Überzeugung des Akademiegründers Eberhard Müller war es, dass der Nationalsozialismus auch deshalb erstarken konnte, weil Gruppen und Parteien in Deutschland nicht mehr miteinander sprechen konnten. Deshalb will die Akademie Leute ins Gespräch bringen.

Haben Sie schon einen Plan, wie Ihnen das am Dienstag gelingen kann?
Ich denke, ich werde sagen, dass ich es gut finde, dass Positionen und auch Ängste benannt werden, und dass es mein Anliegen ist, dass es dabei fair zugeht. Ich will verhindern, dass sich Leute zu sehr verletzen, und werde die Versammlung bitten, mich dabei zu unterstützen. Ein Pfarrer aus dem Steinlachtal hat mir mal erzählt, dass dort zwei Ortschaften nicht miteinander konnten, aber keiner mehr den Anlass wusste, weil er 200 Jahre zurücklag. So etwas kann ganz tief sitzen.

Wieso ist die Debatte so emotional?
Es ist doch völlig normal in einer Demokratie, dass Leute emotional reagieren und Ängste haben. Man muss die Gegner zu Wort kommen lassen, sonst hat man hinterher ein riesiges Problem. Nur mit dem, was ausgesprochen ist, kann man auch umgehen. Und eine Abstimmungsniederlage, die es ja für eine Seite geben wird, ist leichter zu ertragen, wenn man in der Lage war, sein Anliegen vorzutragen.

Die Gegner bekommen bei der Versammlung dafür 15 Minuten Zeit. Reicht das?
Ich denke, sie sollten sich auf zwei, drei wichtige Punkte konzentrieren. Das kann man in dieser Zeit vortragen. Wenn ich bei einer Predigt länger als eine viertel Stunde spreche, ist das auch nicht gut.

Sie waren zuletzt in Adelberg tätig. Haben Sie dort die Wogen glätten können?
Die Bürgerversammlung lief ganz ordentlich. Aber der Konflikt war nicht so, dass ich ihn mit einer einmaligen Moderation hätte aus der Welt schaffen können. Adelberg musste seinen Campingplatz, sein Bad und sein Freizeitzentrum aufgeben. Das ist ja auch nicht einfach.