Der Mangel an Personal wird zum immer größeren Problem. Gaby Schröder, die Geschäftsführerin des Alexander-Stifts, fordert deshalb, die Hürden beim Zugang zur Ausbildung zu senken.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Angesichts der zum Teil dramatische Ausmaße annehmenden Personalnot in baden-württembergischen Pflegeheimen fordert die Geschäftsführerin des auch an mehreren Standorten im Rems-Murr-Kreis vertretenen Alexander-Stifts, Gaby Schröder, Zugeständnisse bei der Gewinnung von Fachkräften und Pflegehelfern. Ein wichtiger Punkt könnte ihrer Meinung nach sein, die Hürden beim Zugang zur Ausbildung in einen Pflegeberuf zu senken.

 

Ausbildungsvoraussetzung: Mittlere Reife

So würden an den Gemeinschaftsschulen im Südwesten Jahr für Jahr Tausende junger Menschen angemeldet, die sich nach ihrem Abschluss nicht für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft bewerben könnten – weil sie keine dafür benötigte Mittlere Reife haben. Aus ihrer früheren Tätigkeit als Sozialpädagogin in der Schulsozialarbeit an Brennpunkt-Schulen in Stuttgart wisse sie jedoch, dass ein Großteil der Absolventen die Fähigkeit habe, diese Ausbildung zu beginnen und auch zu bestehen, sagt Schröder.

Sie halte es deshalb für grundlegend falsch, engagierte junge Menschen durch die Eintrittshürde der Mittleren Reife von der Ausbildung auszuschließen. Zumal sich eine alternde Gesellschaft das auch nicht mehr leisten könne, wie Schröder betont. Denn schon jetzt sei absehbar, dass die Zahl der Pflegeplätze in Baden-Württemberg und dem ganzen Land aufgrund von Personalmangels in den nächsten Jahren eher fallen als steigen werde, obwohl sich die demografische Struktur der Bevölkerung dramatisch verändere.

Viele Träger hätten nicht nur Schwierigkeiten, Fachkräfte und Pflegehelfer zu finden. Auch beim Personal für die Hauswirtschaft, für die Reinigung und Instandhaltung gebe es bereits jetzt einen Mangel.

Hohe bürokratische Hürden

Deshalb sei aus ihrer Sicht ebenfalls geboten, den Zuzug von jungen Menschen aus dem Ausland zu erleichtern, die in Deutschland eine Ausbildung machen wollen, sagt Gaby Schröder. „Wir sind auf diese jungen Menschen dringend angewiesen. Die bürokratischen Hürden für eine legale Einreise von Ausbildungswilligen nach Deutschland sind meiner Erfahrung nach viel zu hoch“, sagt die Geschäftsführerin, deren Unternehmen an insgesamt 22 Standorten rund 800 Pflegeplätze anbietet und etwa 900 Mitarbeiter beschäftigt.

Im kommenden Jahr wird es ein Standort weniger sein. Denn wie unlängst berichtet, hat das Tochterunternehmen der Diakonie Stetten wegen Personalnotstands eine drastische Entscheidung getroffen: Das bisher lange Jahre in Berglen-Oppelsbohm betriebene Gemeindepflegehaus wird ersatzlos geschlossen. Zwar soll jedem der zurzeit knapp 30 Bewohner ein Platz an einem anderen Standort des Alexander-Stifts garantiert und auch den gut 35 Mitarbeitern ein adäquates Arbeitsplatzangebot gemacht werden. Dennoch sei die Entscheidung mehr als schmerzlich, sagt Gaby Schröder.

Man habe sich aber letztlich zu dem Schritt gezwungen gesehen, weil es in dem ländlichen Gebiet anhaltend nicht gelungen sei, ausreichend Mitarbeiter für die Betreuung der Senioren zu gewinnen. In der Konsequenz hatte man bereits über einen längeren Zeitraum hinweg trotz hoher Nachfrage mehrere Pflegezimmer leer stehen lassen müssen, weswegen die Einrichtung nicht wirtschaftlich habe betrieben werden können, so Gaby Schröder.

Ein strukturelles Problem

Da tröstet das Wissen wenig, dass man mit den Problemen nicht alleine dasteht. Schröder nennt den bundesweit an mehr als 100 Standorten tätigen Wohn- und Pflegeheimbetreiber Convivo als Beispiel. Das Unternehmen mit Sitz in Bremen, das auch in Ludwigsburg ein Seniorenheim betreibt, hat für wesentliche seiner Gesellschaften Ende Januar Insolvenzanträge gestellt. In der Begründung für die finanzielle Schieflage spricht die Geschäftsleitung von einem „Spannungsbogen einer national bestehenden Pflegestrukturproblematik“. Der erhebliche Fachkräftemangel und verdoppelte Krankenstände aufgrund hoher Belastungen der Coronapandemie hätten zu niedrigen Belegungszahlen und damit wirtschaftlichen Schwierigkeiten geführt. Gaby Schröder wird das ziemlich bekannt vorkommen.