Auf dem Stuttgarter Frühlingsfest fließt wieder reichlich Alkohol. Doch woher kommt der Brand nach einem Trinkgelage? US-Forscher geben Antworten auf diese Frage.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Am Samstag (21. April) startet das 80. Stuttgarter Frühlingsfest. Bis zum 13. Mai wird das Bier auf Europas größtem Frühlingsfest wieder in Strömen fließen. Rund 1,3 Millionen Besucher waren im vergangenen Jahr auf dem Wasen und konsumierten rund zwei Millionen Liter Gerstensaft. Das macht rund 1,5 Liter pro Person.

 

Ein gesunder Erwachsener besteht zu rund 65 Prozent aus Wasser. Das entspricht bei einem durchschnittlichen Körpergewicht (Frauen ab 18 Jahren: 68,4 Kilogramm, Männer ab 18 Jahren: 84,3 Kilogramm) etwa 45 beziehungsweise 55 Litern. Nach dem Genuss von zwei oder drei Bier auf dem Wasen kann die Wassermenge im Körper auch mal höher liegen – vorausgesetzt, der- oder diejenige geht zwischendurch nicht auf eine der kostenlosen Toiletten.

Der Durst nach dem Rausch

Jedes Jahr ist es dasselbe Ritual: Nach übermäßigem Alkoholkonsum kommt der Nachdurst, auch Brand genannt, der häufig von einem starken Kater (der medizinische Fachbegriff heißt Veisalgia) mit Übelkeit, Erbrechen und Schwindel begleitet wird. Doch wie kommt der durstmachende Effekt des Alkohols zustande? Forscher der University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas (US-Bundesstaat Texas) sind dieser Frage in einer Studie nun nachgegangen.

Leberhormon ist verantwortlich

Im Experiment mit Mäusen stellten die Wissenschaftler fest, dass Alkohol in der Leber die Produktion des Hormons FGF21 ankurbelt. Dieser Botenstoff ist auch für den Appetit auf Süßes verantwortlich, wie Forscher der Universität Kopenhagen 2017 herausfanden.

Die US-Experten untersuchten normale und genetisch veränderte Nager, die den Leber-Botenstoff nicht produzieren konnten. Bei normaler Ernährung tranken alle Tiere gleich viel Wasser. Als die Mäuse aber Futter bekamen, das sich im Körper ähnlich auf den Nährstoffhaushalt auswirkt wie Alkohol, zeigte sich ein markanter Unterschied. Während die Normalo-Mäuse mehr tranken, veränderte sich die Flüssigkeitsaufnahme bei den genetisch veränderten Mäusen nicht.

Durstzentrum im Gehirn wird angeregt

Für die Forscher ist damit klar: Die Ausschüttung von FGF21 stimuliert das Durstzentrum im Hypothalamus – also in jenem Abschnitt des Zwischenhirns, der als wichtigstes Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems fungiert. Dadurch wird einem drohenden Flüssigkeitsmangel vorgebeugt, der durch den harntreibenden Effekt von Alkohol zustande kommt. Gleichzeitig wird die Lust, weiter Alkohol zu trinken, unterdrückt.

Durst ist nichts anderes als ein unmissverständliches Signal des Körpers, dass der Flüssigkeitshaushalt aus dem Gleichgewicht zu geraten droht. Dieses quälende Gefühl motiviert zu trinken und stellt auf diese Weise sicher, dass der Organismus funktionstüchtig bleibt.

Beim Kater hilft nur Wasser

Spezielle Messfühler im Durstzentrum des Gehirns analysieren, ob und wie viel Flüssigkeit der Körper braucht und um welche Flüssigkeit es sich handelt. Während Alkohol das Durstgefühl steigert und purer Saft überhaupt keine Wirkung zeigt, löscht Wasser den Durst nachhaltig.

Die Erkenntnis der texanischen Forscher hilft nicht nur verkaterten Wasen-Besuchern, sondern könnte auch einen therapeutischen Nutzen haben. „Vielleicht könnte FGF21 eines Tages als Medikament genutzt werden, um übermäßigem Alkoholkonsum und dessen Folgen vorzubeugen“, sagt der Biochemiker David Mangelsdorf von der Dallas University.