Nach wie vor steht die Allianz-Ansiedlung in der Kritik. Die Projektgegner monieren eine erhebliche Steigerung des Verkehrs und negative Auswirkungen auf das Klima. Ihrer Auffassung nach missachtet die Stadt die Anregungen der Bürger.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Vaihingen - Auf der einen Seite steht die Stadt mit ihrem Wunsch, den Großkonzern Allianz in Stuttgart zu halten, Arbeitsplätze zu sichern und weiterhin Gewerbesteuer einzunehmen. Der Stadt gegenüber stehen Vaihinger Bürger und Bezirksbeiräte, die den geplanten Neubau an der Heßbrühlstraße teils heftig kritisieren, etwa, weil circa 4500 Mitarbeiter zusätzlichen Verkehr in den Synergiepark brächten. Ein Verkehrskonzept muss her, fordern die Lokalpolitiker seit Jahren. Dieses werde zurzeit ausgearbeitet, sagte Michael Hausiel vom Stadtplanungsamt bei einer Sondersitzung des Bezirksbeirats zum Thema Allianz am Montagabend.

 

Einige Maßnahmen, verlas Hausiel aus einer Stellungnahme des Baubürgermeisters Pätzold, könnten bald umgesetzt werden, andere allerdings seien aufwendiger. Sie würden voraussichtlich erst dann erfolgen, wenn die Allianz vermutlich 2022 im Neubau eingezogen sei. Generell sei das Verkehrsproblem in Vaihingen nicht einfach und rasch zu lösen. Weitere Ansiedlungen im Synergiepark, die teils auch schon vor Fertigstellung der Allianz erfolgten, belasteten das Straßennetz zusätzlich. Um dem entgegenzuwirken, seien „Maßnahmen zur Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit“ notwendig, heißt es in der Stellungnahme des Bürgermeisteramts. Nachteilige Auswirkungen auf den Verkehr sollten unter anderem durch die Begrenzung von Stellplätzen, den Ausbau des Straßennetzes und der Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) minimiert werden.

Ein Sammelsurium an Ideen, aber kein Konzept

Einigen Vaihinger Bezirksbeiräten ist das zu wenig. „Unser Anliegen war immer, dass das Verkehrskonzept stehen muss, bevor gebaut wird, nicht hinterher“, sagte Gerhard Wick (SÖS/Linke-plus). Es dürfe nicht darum gehen, wie mehr Verkehr durch Vaihingen fließen könne, sondern darum, wie man ihn reduziere. Volker Weil (FPD) ergänzte, dass der Verkehr in Vaihingen vor dem Kollaps stehe. „Sowohl die Straßen als auch das ÖPNV-Netz sind heute schon überlastet. Jetzt liegt ein Sammelsurium an Ideen vor. Aber das ist bei Weitem kein Konzept“, kritisierte Weil. Er mahnte, man müsse die Reihenfolge im Auge behalten: „Erst muss man den Verkehrsstrukturplan erstellen, in dem unterschiedliche Verkehrsformen integriert sind, dann kann man über Ansiedlungen sprechen.“

„Geradezu eine Unverschämtheit“ nannte Gerhard Wick die Stellungnahme des Bürgermeisteramts. Kaum eine Anregung der Bürger und Bezirksbeiräte sei berücksichtigt worden. Die Bedenken der Vaihinger seien damit nicht ausgeräumt worden. „Es ist erschreckend, dass man im Gemeinderat die Sorgen der Bürger nicht ernst nimmt und die Anregungen aus dem Bezirksbeirat ignoriert“, ergänzte Sigrid Beckmann (SPD). „Dem ist nicht so“, entgegnete Michael Hausiel. Öffentliche und private Belange gelte es abzuwägen. Die Einwände habe man zur Kenntnis genommen und wo möglich in die Gemeinderatsdrucksache eingearbeitet.

Zufrieden waren die Bezirksbeiräte mit der Stellungnahme der Verwaltung nicht. „Die Gründe für unsere Ablehnung bestehen weiterhin“, sagte Volker Schweizer (Grüne). Auch die Bedenken wegen des Stadtklimas seien nicht ausgeräumt. „Ich kann es nicht befürworten, dass trotz der Auswirkungen an den Plänen festgehalten wird“, sagte Schweizer. Die Allianz-Gebäude würden auf Sport- und Grünflächen errichtet, sie beeinträchtigen die Kaltluftschneise. Das bestätigte Michael Hausiel in der Bezirksbeiratssitzung im Februar. Der Umwelt- und Technikausschuss habe aber in Kenntnis der Einflüsse dem Bauvorhaben zugestimmt, ist der Stellungnahme der Verwaltung zu entnehmen. Allerdings seien Änderungen im Siegerentwurf beschlossen worden, um die negativen Auswirkungen auf das Klima zu reduzieren.

Die CDU befürwortet das Projekt

Lediglich aus den Reihen der CDU kam Zustimmung für die Allianz-Ansiedlung. Der Versicherer habe sich auch wegen der guten Anbindung an den ÖPNV für Vaihingen ausgesprochen, sagte Wolfgang Georgii. Mit dem Ausbau des Regionalbahnhalts sei der Bezirk noch besser angeschlossen, und ohnehin sei der ÖPNV die Zukunft, nicht der Verbrennungs- oder der Elektromotor. „Die Mobilität wird sich in den nächsten Jahren massiv ändern“, ergänzte Ulrich Bayer. Er betonte aber, dass an der schnellen Umsetzung eines Verkehrsstrukturplans festgehalten werden müsse. Auch seien die Verkehrsprobleme nicht nur auf die Allianz zurückzuführen, sondern auch auf andere Ansiedlungen, etwa diejenige des Autobauers Daimler am Wallgraben. Die Probleme beträfen nicht nur den Synergiepark, sondern ganz Vaihingen, mit Ansiedlungen rund um den Unicampus und der Bebauung des ehemaligen Eiermann-Areals.

Letztlich stimmten neun Bezirksbeiräte gegen den Auslegungsbeschluss, lediglich die CDU votierte mit vier Stimmen dafür. Bei aller Kritik des Bezirksbeirats: Die Entscheidung trifft der Gemeinderat. Am 19. März steht die Allianz erneut auf der Tagesordnung des Umwelt- und Technikausschusses.