Damit Obst nicht auf dem Boden liegen bleibt und verfault, werden alljährlich im Rathaus die Bäume versteigert.

Wimsheim - In Filmen werden Versteigerungen meist knallhart und eiskalt dargestellt. Die Bieter übertrumpfen sich gegenseitig bis zum letzten Hammerschlag. Am Ende wird ein immenser Erlös für den Verkäufer erwartet. Bei der Gemeinde Wimsheim aber läuft dies ganz anders ab.

 

Die Verwaltung legt bei ihrer jährlich stattfindenden „Allmandobstversteigerung“ besonderen Wert darauf, dass ihre Obstbäume sinnvoll genutzt werden und die Früchte nicht einfach auf den Boden fallen und verderben. Die Einnahmen sind dabei nebensächlich. „Uns geht es nicht um den Erlös, den wir zusammenbekommen, sondern ganz ehrlich um die Verwertung des Obstes“, betont der Wimsheimer Kämmerer Anton Dekreon. Die Einnahmen werden daher auch gespendet.

Alleinstellungsmerkmal im Umkreis

Und dieses Konzept ist nicht neu in der Enzkreisgemeinde. „Seit ich bei der Gemeinde arbeite, gibt es die Veranstaltung, und auch schon davor. Mehr als 40 Jahre mit Sicherheit. Die Versteigerung ist eine Art Wimsheimer Tradition“, so Dekreon. Und sie ist einzigartig, denn im weiteren Umkreis gibt es keinen Ort, der etwas Ähnliches veranstaltet. Mit den Jahren haben sich auch einige Stammgäste zusammengefunden. „Zu uns kommen schon fünf oder sechs Leute, die jedes Mal dabei sind“, erzählt Dekreon. Deswegen ist die Begrüßung bei der Auktion herzlich und familiär. Beinahe jeder kennt jeden. Die meisten von ihnen haben auch einen Lieblingsbaum.“ Doch auch neue Gesichter sehen die Veranstalter ab und an, die sich für die süßen Früchte interessieren.

Saskia Hintz und ihr Ehemann sind neu bei der Veranstaltung. „Wir sind vor zwei Jahren hierher gezogen“, erzählt die junge Frau. „Uns wurde gesagt, dass es in Wimsheim die besten Äpfel gibt, und dann sah ich die Ankündigung zu der Veranstaltung und wusste, hier müssen wir zuschlagen.“

19 Lose werden versteigert, davon ist eins ein Privatgrundstück. Seit vier Jahren nimmt die Gemeinde auch Bäume von Bürgern auf. Den Grund dafür weiß Anton Dekreon: „Wir bieten das für Menschen an, die es altersbedingt oder aus zeitlichen Gründen nicht schaffen, ihr Obst zu ernten.“

Dieses Jahr sind insgesamt zehn Interessierte gekommen, und pünktlich zum Glockenschlag um 18.30 Uhr beginnt die Allmandobstversteigerung. Anton Dekreon liest das erste Los vor und beschreibt gleichzeitig die Lage des Grundstücks und wie viele Früchte die Bäume tragen. Unter den Früchten können Äpfel, Birnen, Mirabellen oder Zwetschgen sein. Auf dem Flurstück befinden sich sechs Bäume.

Die Äpfel werden zu Most und Apfelsaft

Roswitha Schiller, die seit mehr als 20 Jahre mit dabei ist, legt sofort los. „Ich biete fünf Euro.“ Ein sehr hohes Gebot, denn zum Einstieg werden meistens lediglich ein oder zwei Euro genannt. Warum Roswitha Schiller so viel bietet, ist klar. „Ich weiß, wo ich am liebsten ernte“, sagt sie. Saskia Hintz bietet mit. Ganz klassisch ruft Anton Dekreon zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten. „Verkauft an Saskia Hintz für zwölf Euro.“

Berthold Lauser, ein langjähriger Mitbieter, witzelt schon: „Du musst dir endlich einen Hammer zulegen.“ Ist das eine Los verkauft, geht es so lange weiter, bis bestenfalls alle Grundstücke, besser gesagt deren Früchte, verkauft sind. Die meisten Bieter wissen, welcher Baum gute Früchte trägt, und warten, bis „ihrer“ aufgerufen wird. Nur ein Areal bleibt übrig.

Am Ende der Auktion ist Berthold Lauser der Gewinner des Abends. Er hat die meisten Obstbäume erworben. Aber diese benötigt er auch. „Bis zu 700 Liter muss ich zusammenbekommen.“ Denn er macht aus dem Fallobst Most. Eine Tradition seit Jahrzehnten. Der vergorene Fruchtsaft hat sogar seinen eigenen Namen und sein eigenes Etikett – Wimsheimer Wüstling heißt er, den alle in der Runde zum Abschluss trinken. Aber nicht nur Most wird aus den Früchten gemacht. Saskia Hintz hat schon einen Plan: „Wir wollen aus unseren Äpfeln Saft herstellen. Für uns, aber auch für unsere Familie, die uns dabei hilft.“