Wegen brütender Turmfalken muss die Bahn beim Teilabriss der ehemaligen Bahndirektion für Stuttgart 21 umplanen – an anderer Stelle sollen die Arbeiten weitergehen.

Stuttgart - Nach den bisher eingesetzten Baumgutachtern, Käfer- und Fledermausexperten hat am Freitag nun auch ein Ornithologe eine Stuttgart-21-Baustelle unter die Lupe genommen. Wie berichtet, hat der Umweltverband BUND unter dem Dach der alten Bahndirektion ein Turmfalkenpärchen entdeckt. Die Beobachtungen des von der Bahn beauftragten Vogelkundlers haben nun ergeben, dass die streng geschützte Falkenart derzeit vermutlich tatsächlich brütet.

 

Untersuchung des Nests könnte Brutvorgang stören

Um ganz sicher zu gehen, müsste man per Hubsteiger das Nest inspizieren, was eine eventuelle Brut aber gefährden würde. Die Bahn hat daher entschieden, dass die Arbeiten an dem betreffenden Gebäudeteil während der Brutzeit zunächst einmal ruhen werden, so der Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Das Nest selbst sei zwar in einem Bereich, der nicht vom Abriss betroffen ist. Der Lärm in unmittelbarer Nähe würde die Vögel aber aufschrecken.

Der BUND, auf dessen Intervention der Abrissbagger gestoppt wurde, begrüßt diesen Schritt. „Es ist erfreulich, dass die Behörden und die Bahn relativ schnell reagiert haben“, betonte der Vorsitzende des Regionalverbands Stuttgart, Axel Wieland. Man erwarte nun aber auch, dass die Falken ihr Brutgeschäft und die Aufzucht der Jungen in Ruhe zu Ende bringen können und nicht durch dubiose Ausnahmegenehmigungen doch noch vertrieben werden.

Keine brütenden Vögel im Südflügel

Die Bahn geht derweil davon aus, nächste Woche den Teilabbruch der alten Direktion an anderer Stelle fortsetzen zu können. In Abstimmung mit dem Ornithologen und Technikern werde am Montag geprüft, so Dietrich, wo der Abriss ohne Störung weitergehen könne. Aber selbst eine Verzögerung von zwei, drei Monaten hätten keine Auswirkung auf das Gesamtprojekt, so Dietrich. Sicher ist, dass der restliche Südflügel ohne weitere Unterbrechung abgerissen werden kann. Auch hier hatte der BUND brütende Turmfalken reklamiert. Laut Bahn konnte der Ornithologe das aber nicht bestätigen.

Der Turmfalke

Greifvogel Einen Turmfalken wird wohl jeder schon einmal gesehen haben – dann nämlich, wenn er als „Rüttelfalke“ heftig flügelschlagend und mit breit aufgefächertem Schwanz in der Luft steht und nach Mäusen am Boden Ausschau hält. Auch in Dörfern und Städten findet der wendige Greifvogel Beute – hier oft in Form von unerfahrenen Jungvögeln. Besonders gerne brütet der rotbraune Falke dort in Kirchtürmen, was ihm seinen Namen eingetragen hat.

Bedrohung Zwar gibt es in Deutschland noch zahlreiche Turmfalkenpaare; doch allein in Baden-Württemberg hat sich ihr Bestand in den vergangenen 30 Jahren halbiert. Eine der wichtigsten Ursachen ist der Verlust an Nistmöglichkeiten: Vor allem in sanierten Gebäuden gibt es kaum noch geeignete Nischen. zz