Die Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag ordnen ihre Altersversorgung neu. Das stößt auf Beifall, ein Finanexperte aber hat dann doch noch ein paar Fragen.

Stuttgart - Mit der Rückkehr zur Staatspension sind die Abgeordneten des Landtags gescheitert. Zu groß war die Empörung Anfang vorigen Jahres, als Grüne, CDU und SPD in einer Nacht- und Nebelaktion Fakten schaffen wollten. Aber auch das 2008 an Stelle der Staatspension beschlossene Modell der Privatvorsorge möchten sie unbedingt loswerden, weil es ihnen im Alter zu wenig Rente abwirft. 1751 Euro erhalten Abgeordnete gegenwärtig monatlich zusätzlich zu ihrer Grunddiät. Zum Vergleich: Der Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung liegt derzeit bei 1209 Euro. Der Vorsorgebeitrag der Abgeordneten in Höhe von 1751 Euro fließt in eine Altersabsicherung nach eigener Wahl. Die alte Staatspension war deutlich attraktiver. Allerdings hatte der Landtag mit dem Übergang zur Privatvorsorge auch die Grunddiät (derzeit 7963) um eine Drittel erhöht.

 

Wie berichtet, haben sich die Fraktionen von Grünen und SPD jetzt im Grundsatz dafür entschieden, dem seit dem Jahr 2005 existierenden Versorgungswerk der Landtage von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg beizutreten. Eigentlich kann da nichts schiefgehen. In der von Landtagspräsidentin Muhterem Aras eingesetzten externen Expertenkommission zur Abgeordnetenversorgung hatte der Vorschlag Versorgungswerk die breiteste Zustimmung gefunden. Acht der zehn Kommissionsmitglieder goutierten das Modell, das verbunden ist mit einer kapitalgedeckten Finanzierung mit Pflichtbeiträgen, die vom Landtag während der Mandatszeit an das Versorgungswerk abgeführt und dort angelegt werden.

Verbraucherzentrale sieht Schwachpunkte

Auch der Steuerzahlerbund zeigt sich angetan, wenngleich er die Einbeziehung der Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung als „die beste Lösung“ betrachtet. „Dies würde der Lebenswirklichkeit der Masse der Bürger entsprechen“, heißt es in einer Stellungnahme. Aber auch ein Beitritt zum Versorgungswerk sei „akzeptabel und einem Zurück zur Staatspension allemal vorzuziehen“.

Wasser in den Wein gießt jedoch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie kritisiert die mangelnde Transparenz der Anlagepolitik des Versorgungswerks. Finanzexperte Niels Nauhauser sagt: „Um über den Beitritt zu einem Versorgungswerk entscheiden zu können, müssen die Abgeordneten in Erfahrung bringen können, wie ihre Altersvorsorge konkret angelegt wird. Das bleibt aber in der Öffentlichkeit unklar.“ Es spreche nichts gegen eine kollektive Anlage am Kapitalmarkt. Voraussetzung sei allerdings, „dass die Kapitalanlage breit gestreut und kostengünstig ist – und dass darüber Transparenz hergestellt wird“.

Nordrhein-Westfalen ging voran

Tatsächlich stammt der jüngste im Internet abrufbare Jahresabschluss des Versorgungswerks aus dem Jahr 2016. Dort sind die Anlageformen zwar grafisch dargestellt, doch was sich dahinter im Einzelnen verbirgt, bleibt unklar. Etwa ein Drittel der Einlagen wird in „Wertpapiere Strukturen“ angelegt. Was bei Finanzexperte Nauhauser die Frage aufwirft, um was es sich bei diesem gesetzlich nicht definierten und in der Fachliteratur unüblichen Fantasiebegriff handelt. Etwa um strukturierte Anleihezertifikate, die in der Finanzkrise eine so unrühmliche Rolle spielten? Ähnliches gilt für die Bezeichnung „Wertpapiere klassisch“. Dahinter könnten sich nachrangige Anleihen, aber auch Aktien oder Bundesanleihen verbergen.

Bei einem Beitritt zum Versorgungswerk wird die Mitgliedschaft für die Abgeordneten verpflichtend sein. Allerdings bedarf es eines Übergangs, denn die Parlamentarier müssen noch schauen, was aus ihren bestehenden Verträgen wird.

Nordrhein-Westfalen hatte als erstes Bundesland einen Systemwechsel bei den Abgeordneten weg von der Staatspension und hin zur Eigenvorsorge vollzogen. Auch wurde die steuerfreie Kostenpauschale abgeschafft und in die – steuerpflichtige – Grunddiät integriert. Wenn Düsseldorfer Abgeordnete also gegenwärtig mit 9122 eine höhere Diät erhalten als ihre Kollegen in Baden-Württemberg (7963 Euro), so ist zu berücksichtigen, dass Letztere noch zusätzlich über eine steuerfreie monatliche Kostenpauschale in Höhe von 2208 Euro verfügen.