Ein Gefahrguttransporter verliert auf der A 8 zwischen Heimsheim und Rutesheim seine ätzende Ladung. Die Autobahn ist stundenlang gesperrt. Ein Großeinsatz für Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz und THW, wie die Rettungskräfte ihn nur selten erleben.

Altkreis - Rund 500 Liter einer stark ätzenden Flüssigkeit hat ein Gefahrguttransporter am frühen Mittwochmorgen auf der A 8 zwischen Heimsheim und Rutesheim verloren. Stundenlang war die Autobahn in Richtung Stuttgart teilweise oder sogar voll gesperrt. Feuerwehr, Rotes Kreuz und Technisches Hilfswerk rückten zum Großeinsatz aus.

 

„Wir haben etwa vier Mal im Jahr Einsätze, bei denen Gefahrenstoffe ausgelaufen sind. Aber in dem Ausmaß heute, das gibt es vielleicht alle zwei Jahre“, erzählt Thorsten Bareither, der Abteilungskommandant der Feuerwehr Leonberg-Kernstadt, am Nachmittag. Da haben er und seine Wehrleute bereits einen langen und arbeitsreichen Tag hinter sich.

Um 5.55 Uhr bemerken der Fahrer des Gefahrguttransporters und sein Beifahrer, dass ein Tank Leck geschlagen ist. Auf dem Beschleunigungsstreifen des Parkplatzes „Heckengäu“ halten sie mit dem Sattelzug an und setzen einen Notruf ab. „Die beiden haben sehr schnell reagiert und sich selbst auch gleich in Sicherheit gebracht“, berichtet Bareither. Die Polizei und die Feuerwehr aus Pforzheim sind zuerst vor Ort und sichern den Unfallort. Polizeibeamte nehmen am Lkw, aber auch auf dem Parkplatz einen starken Geruch war.

Weil sich der Parkplatz auf Rutesheimer Gemarkung befindet, werden die dortige Feuerwehr sowie die Wehren aus Leonberg und Sindelfingen hinzugezogen. Letztere bilden zusammen den sogenannten Umweltschutzzug Nord des Landkreises Böblingen. Hier sind die Einsatzkräfte speziell geschult für den Umgang mit giftigen und gefährlichen Stoffen. Insgesamt sind etwa 80 Feuerwehrleute im Einsatz, dazu noch drei des THW Leonberg. Dazu kommen 17 Streifenwagenbesatzungen der Polizeipräsidien Ludwigsburg und Karlsruhe. Der Leonberger Feuerwehrkommandant Wolfgang Zimmermann hat das Sagen.

„Das Schwierigste ist, erst einmal herauszufinden, was da ausgelaufen ist. Wir kommen an die Unfallorte und sehen erst einmal nur eine bläuliche oder grünliche Flüssigkeit“, berichtet Thorsten Bareither. Erst wenn feststeht, worum es sich handelt, kann die Feuerwehr loslegen. „Säure oder Lauge? Welche Schutzanzüge halten welchem Stoff stand? Da müssen wir sehr vorsichtig agieren“, erläutert der Abteilungskommandant. Dazu wird ein Chemieberater der Feuerwehr Böblingen geholt. Im Falle des Transporters gestern handelt es sich um Kaliummethylsilikonat, ein basischer Stoff, der unter anderem verwendet wird, um Dachziegel wasserabweisend zu machen. Und der ist stark ätzend. Die meiste Flüssigkeit befindet sich dort, wo der Sattelzug abgestellt ist, aber auch auf dem Parkplatz ist jede Menge verteilt. Dort stehen gestern morgen etwa 40 weitere Lkw. „Bei einigen haben die Reifen mit dem Stoff reagiert“, berichtet Bareither.

Die Brummifahrer können nicht einfach vom Parkplatz weg, der Leck geschlagene Gefahrguttransporter versperrt den Weg, die ausgelaufene Lauge muss beseitigt werden. Mitarbeiter des Roten Kreuzes aus Leonberg und Rutesheim sowie des Rettungsdienstes im Kreis Böblingen kümmern sich um die Fernfahrer, verpflegen sie und die Rettungskräfte. Durch die ätzenden Dämpfe wird zum Glück niemand verletzt. Währenddessen dichten die Experten der Feuerwehr das Leck im Gefahrguttank ab und pumpen den restlichen Inhalt ab. Sie bauen mit Bindemittel einen kleinen Damm, der die ausgelaufene Flüssigkeit abfängt. Mit einem speziellen Sauger wird diese dann entfernt, der Rest mit Bindemittel aufgenommen. Dabei ist auch die Straßenmeisterei im Einsatz. Die A 8 muss gesperrt werden, der Verkehr staute sich auf über zwölf Kilometern Länge. Bis 7.30 Uhr kann der Verkehr auf einer Spur vorbeigeleitet werden. Dann ist die Autobahn komplett dicht, die Blechlawine quält sich durch die umliegenden Orte Heimsheim, Mönsheim, Rutesheim und Weissach. Erst um 12 Uhr wird eine Spur freigegeben, um 12.40 Uhr eine zweite. Die dritte Spur bleibt bis etwa 15 Uhr gesperrt.

Gegen 13 Uhr sind die meisten Leonberger Einsatzfahrzeuge wieder zurück im Feuerwehrhaus an der Römerstraße. Der Einsatz ist damit aber noch lange nicht beendet, erklärt der Abteilungskommandant Thorsten Bareither. „Wir müssen jetzt noch alle Fahrzeuge dekontaminieren.“