Der Cellist Nicolas Altstaedt und das SWR-Symphonieorchester haben in Stuttgart Walton, Kurtág und Strauss aufgeführt.

Stuttgart - Es ist Musik, die wie aus der Zeit gefallen scheint. Für seinen Abend mit dem SWR-Symphonieorchesteram Donnerstag im Beethovensaal hat sich der Cellist Nicolas Altstaedt William Waltons melancholisch sehnsuchtsvolles Konzert gewünscht. Wenngleich in den 1950ern komponiert, kehrt dieses Werk der Avantgarde den Rücken und richtet den Blick zurück. Altstaedt taucht ein und gibt sich der Reminiszenz an die altgewordene Schönheit ganz hin.

 

Spannungsvolle Zerrissenheit

Einen warmen, schmelzenden Ton und virtuoses Klangfarbenspiel in allen Registern verbindet er mit großer Natürlichkeit. Besonders schön gelingt der dritte Satz, der dem Cellisten mit zwei kontrastierenden Solovariationen Raum zur Entfaltung gibt. Mit aggressiven Klängen und viel Bogen zeigt Altstaedt die Zerrissenheit in der Musik Waltons, dessen Karriere als gefeierter britischer Moderner nach 1945 mit Brittens großen Erfolgen jäh abbrach. Geradezu versöhnlich dagegen die zweite Solovariation mit harfen-duftigen Klängen. Schade, dass sich Altstaedts Energie nicht so recht auf das Orchester unter der Leitung von Michael Schønwandt übertragen will. Spannung geht auch den Miniaturen von György Kurtág, die dem Konzert voran gehen, ein wenig ab. Den „Messages op. 34“, gewissermaßen musikalischen Kurznachrichten aus fein gestrickten Klanggebilden mit reichen Farben, fehlt an diesem Abend die Atmosphäre.

Orchester geht in die Vollen

Nachdem sich Nicholas Altstaedt mit einer zarten Fassung der Sarabande aus Bachs erster Cellosuite verabschiedet hat, steht nach der Pause Richard Strauss’ gewaltige Tondichtung „Ein Heldenleben“ auf dem Programm. Hier läuft das SWR-Symphonieorchester zu voller Form auf. Genussvoll satt klingt der groß besetzte Streichersound, messerscharf artikuliert sind die Einwürfe der Holzbläser, mit denen Strauss seine Kritiker karikierte. Das tiefe Blech spielt klangvoll und trotz heroischer Intensität nicht zu laut. Ebenso virtuos wie locker präsentiert der erste Konzertmeister Jermolaj Albiker die Solopassagen dieses heimlichen Violinkonzerts. Nach vierzig Minuten geballtem Jahrhundertwende-Gigantismus mündet Strauss’ Heldenepos in ein innig-schönes Duett von Solohorn (Wolfgang Wipfler) und Solovioline.

Die Konzertwiederholung am Freitag, 17.1. ist auf den Seiten von SWR Classics im Livestream zu sehen.