Die Form der Gedenkstätte in Winnenden für die Opfer des Amoklaufs steht fest. Der Gemeinderat hat sich einstimmig für den Entwurf des Bildhauers Martin Schöneich entschieden.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Der Gemeinderat hat von der Jury des Kunstwettbewerbs für die Gedenkstätte des Amoklaufs eine eindeutige Empfehlung bekommen. Zwölf von 13 Juroren hatten sich für den Entwurf des Bildhauers Martin Schöneich ausgesprochen, einer hatte sich der Stimme enthalten. Das Votum der Stadträte fiel noch deutlicher aus: einstimmig entschied sich der Gemeinderat für Schöneichs Entwurf.

 

„Ich bin gespannt, wie er im Stadtgarten wirken wird“, sagte Thomas Traub (CDU). Er lobte die konstruktive Arbeit der Jury. Als „angenehme und vornehme“ Atmosphäre bezeichnete Ursula Bodamer (Freie Wähler) die Stimmung, die in dem Gremium geherrscht habe. „Ich habe die Arbeit als Beobachterin begleitet. Wenn ich stimmberechtigt gewesen wäre, hätte ich mich auch für diesen Entwurf ausgesprochen.“ Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth bedankte sich bei den Opfereltern, die in der Jury mitgearbeitet hatten. „Es war sicher nicht leicht für sie“, ergänzte Renate Sanzenbacher (SPD). „Es ist wichtig, dass dieses Symbol die Menschen zum Nachdenken anregt“, sagte sie. Martin Oßwald-Parlow (Grüne) argumentierte in die selbe Richtung. Und: „Es ist eine schlichte Form mit großer Aussagekraft.“

Eine schmale Öffnung führt in das Innere des Kreises

Martin Schöneichs Entwurf sieht einen Ring aus Stahlblech vor, der einen Durchmesser von sieben Metern hat und nahezu mannshoch ist. An einer Stelle kann man durch eine 40 Zentimeter schmale Öffnung in sein Inneres treten, das dann wie ein Raum wirkt. „Man soll nicht einfach hindurch gehen können, sondern nachdenken, was es mit dem Thema auf sich hat“, sagte Schöneich, der zu der Gemeinderatssitzung extra aus der Pfalz angereist war.

Die Ringform symbolisiere das Leben, wie es bis zum Amoklauf gewesen sei, rund und voller Harmonie. Der 11. März 2009 wird durch den Bruch als Verletzung dargestellt. Dass es trotz der Tat – an jenem Tag erschoss ein früherer Schüler der Albertville-Realschule 15 Menschen und schließlich sich selbst – Hoffnung gibt, wird durch eine Wölbung des Stahlrings versinnbildlicht. An dessen Innenseite sollen die Namen der Opfer angebracht werden, ebenfalls aus metallenen Lettern, die verschraubt und verklebt werden, um Vandalismus standhalten zu können.

Ein Problem hatte der Entwurf Schöneichs anfangs mit sich gebracht: Dieser hätte mit 102 500 Euro mehr als die 100 000 Euro gekostet, die im Wettbewerb vorgesehen sind, da der Künstler sein Werk mit 19 Prozent statt sieben Prozent Umsatzsteuer berechnet hatte. Mittlerweile hat Schöneich jedoch mitgeteilt, die Arbeit tatsächlich im Kostenrahmen bewerkstelligen zu können. Der Bildhauer hofft, die Skulptur für die Gedenkstätte bis Anfang März, also bis zum Jahrestag realisieren zu können. Sollte bis zum Einsetzen des Winters das Fundament neben der Stadthalle noch gesetzt werden können, stünde dem wohl nichts im Wege.

273 Künstler aus dem In- und Ausland beteiligten sich

Zu dem Ideenwettbewerb im Frühjahr war die unglaubliche Zahl von 273 Entwürfen aus dem In- und Ausland eingegangen. „Diese große Zahl war auch für die Eltern von Opfern des Amoklaufs ein besonderes Zeichen“, hatte Holzwarth bei der Vorstellung von Schöneichs Entwurf vor einer Woche gesagt. Dass das Schicksal ihrer Angehörigen so viele Künstler beschäftige, habe nicht nur diejenigen bewegt, die in der Jury des Wettbewerbs vertreten waren. Sogar ein Bildhauer aus Griechenland habe einen Entwurf nach Winnenden geschickt. Die acht anonym ausgewählten Arbeiten, die schließlich in den Realisierungswettbewerb gelangten, stammen praktisch aus allen Teilen Deutschlands.

Einspruch gegen Arbeit der Jury zurückgewiesen

Wie berichtet, hatte ein Künstler beim Regierungspräsidium (RP) Stuttgart Einspruch gegen die Entscheidung der Jury zum Ideenwettbewerb im April eingelegt. Er sieht die Teilnehmer des Ideenwettbewerbs unfair behandelt. 273 Arbeiten in so kurzer Zeit ernsthaft zu sichten, sei nicht möglich, so seine Argumentation. Dies sei aber bei einem Thema, das die Menschen unmittelbar berühre, notwendig, und die beteiligten Künstler hätten sich auch dementsprechend intensiv mit dem Amoklauf und seinen Folgen beschäftigt, sagt der Künstler. Auch sehe die Ausschreibung vor, dass zwölf Arbeiten in den Realisierungswettbewerb geschickt werden sollten. Dass nur acht daran teilnahmen, verstoße gegen die Ausschreibung, so der Künstler. Das RP folgte jedoch der Argumentation der Stadt, die von „circa zwölf“ Arbeiten ausgeht. „Es hätten auch mehr sein können, wenn die Jury sich dafür entschlossen hätte“, hatte OB Holzwarth zur Entscheidung der Jury gesagt. Das Regierungspräsidium hat den Einspruch des Künstlers Ende der vergangenen Woche zurückgewiesen.